- 79 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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gegen den ausdrücklichen Willen ihres Bruders, mit der Herausgabe ihrer Werke.

4 Familiärer Hintergrund: Die Mutter

Den ersten Klavierunterricht erhielten die beiden Ältesten durch ihre Mutter. Sie wird das entschiedene musikalische Talent ihrer Kinder gesehen und gefördert haben. Die musikalische Tradition in Leas Familie war signifikant und kann bis auf Johann Sebastian Bach zurückgeführt werden. Bedeutsam erscheint die Tatsache, dass diese Tradition durch weibliche Verwandte repräsentiert wurde. Diese Frauen, die herausragend in ihrer Intelligenz, ihrem Ehrgeiz und ihrem musikalischen Talent waren, boten ein Rollenvorbild für Fanny: Sara Itzig Levy, ihre Großtante mütterlicherseits, war eine bekannte hoch qualifizierte Cembalistin,1

1 Sara Levy, Fanny Arnstein und Bella Salomon waren Schwestern von insgesamt 16 Kindern Daniel Itzigs, eines privilegierten Münzjuden
die von 1807 bis 1808 als fest angestellte Solistin in Konzerten der Berliner Singakademie mitwirkte und Schülerin Wilhelm Friedemann Bachs gewesen war, dem ältesten Sohn Johann Sebastian Bachs. Sie vermachte dem Leiter der Berliner Singakademie Karl Friedrich Zelter (1758–1832) mehrere wertvolle Bach-Manuskripte und unterstützte damit die Bachpflege und -tradition Zelters. Fanny Arnstein unterhielt nach ihrer Heirat in Wien einen an die Berliner Tradition anknüpfenden glanzvollen Salon. Die Großmutter Bella Salomon schenkte ihrem Enkel Felix zu Weihnachten 1823 eine vollständige Abschrift der Matthäuspassion Bachs und ging damit in die Musikgeschichte ein (vgl. Tillard 1996, 39). So scheint es folgerichtig, dass auch die Mutter Fannys, Lea Salomon, eine außerordentliche und hervorragende Erziehung erhielt.

Sie pflegte die Bachliebe und -tradition ihrer Familie und pflanzte diese in ihre Kinder hinein. Sie war es, die vermutlich darauf bestand, Fannys großes Talent zu fördern. Während Abraham, ungeachtet seiner Überzeugung für eine gute Erziehung aller seiner Kinder, doch öfter in Briefen seine Tochter daran erinnerte, dass der ›eigentliche und einzige‹ Beruf einer Frau der der Hausfrau sei – wie es sich nicht nur für eine jüdische, sondern auch bürgerliche Frau jener Zeit gehörte – so waren es später ihre Mutter und ihr Mann, die die Publikation ihrer Werke befürworteten und unterstützten.

Lea Salomon wird neben ihrer sehr guten Allgemeinbildung eine jüdisch orthodoxe Erziehung genossen haben. Ihre Eltern und insbesondere ihre Mutter Bella Salomon galten als sehr orthodox (vgl. Tillard 1996, 115). In der Frauendominanz der Familie Itzig-Salomon lässt sich eine Verflechtung mit der jüdischen Kultur erkennen, in der der Frau in der Rolle der


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