ihrer Einsicht entsprechend, daß sich viele Vorstellungen zu der Musik
entwickeln ließen. In der ersten Hörergruppe dagegen kamen Zweifel
auf, ob der Titel mit dem eigenen Verständnis eines Wiegenliedes übereinstimmt
und akzeptabel ist, hierzu wurden vermeintliche kompositorische Regeln angeführt,
etwa ein wiegendes Metrum als generell erforderlicher musikalischer Charakter
von Wiegenliedern. Letztlich jedoch wurden vorangegangene Erwägungen
geprüft, ob sie der Absicht des Komponisten genügen können,
um das eigene Erlebnis mit der Absicht des Komponisten in Übereinstimmung
zu bringen.
Die Konsenssuche entspricht der Rolle des Musikhörers, wobei vom
Autor der musikalischen Idee gerne Hinweise in Anspruch genommen und erwartet
werden, da gesellschaftlich verpflichtende Funktionsbestimmungen von Musik
wie in früherer Zeit, die auch damals eine Festlegung kompositorischer
Regeln bewirkten, in der heutigen säkularisierten und demokratisierten
Gesellschaft nicht mehr gelten.
Anders als in der Kindergruppe lag der ersten Hörergruppe daran, trotz
aller Suche nach Übereinstimmung die subjektiven Empfindungen sprachlich
zu artikulieren. Um die persönlich empfundene unbestimmte Gefühlslage,
die mit dem oben beschriebenen zentralnervösen Geschehen jeweils entstanden
ist, zu verdeutlichen, wurden weitgehend Adjektive gebraucht, die manchmal
ungewöhnliche Vorstellungen einbeziehen – »Es klang mir wie eine
verbeulte Variante« einer durchaus bekannten, jedoch schwer zu klassifizierenden
Musik – und die in der Rede nicht nur klanglich dem Inhalt entsprechend eingefärbt
wurden, sondern auch in Mimik und Gestik, also in der »Körpersprache«
mitvollzogen und verstärkt wurden. Das Bewußtsein, ein eigenständiges
musikalisches Erleben erfahren zu haben, konnten die Mitwirkenden dieser
Hörergruppe differenzierter äußern als die Kinder, denen
zwar ihre Rückgriffe auf naheliegende Geschehnisse und deren Austauschbarkeit
deutlich war, die gleichwohl ihre Betroffenheit durch die Musik lediglich
in diesen Geschichten gleichnishaft zum Ausdruck bringen konnten.15
15
Inwieweit hierbei entwicklungsbedingte Implikationen und solche
der Sozialisation einwirken, soll nicht weiter verfolgt werden. Beobachtungen
von Kindern legen nahe, daß mit Fähigkeiten zur Reflexion,
also dem selbstbezogenen Denken, auch Qualitäten der Selbstwahrnehmung
und ihrer sprachlichen Darstellung korrespondieren. |
7
Gleichnisse zur Musik
Die hier beschriebenen drei Arten musikalischer Existenz werden durch Äußerungen
in Gleichnissen verdeutlicht und durch sie zu reflektierbaren Bestandteilen
menschlicher Kommunikation.
|