- 67 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Sprache und Musik. Soweit eine Redeäußerung von einer schriftlichen Äußerung unterscheidbar ist, die musikalische Rede als akustische Äußerung vorausgesetzt und die Schriftform zumeist als Spielanweisung für Musiker gedacht, läßt sich diese Gleichsetzung aufrechterhalten. Die von Dirk Hartmann12

12 Dirk Hartmann: Philosophische Grundlagen der Psychologie, Darmstadt 1998, S. 167, 168.
verwendeten Kriterien »Konventionalität« und »Produktivität« verdeutlichen allerdings einen gravierenden Unterschied. »Konventionalität« meint die Übereinkunft in Sprachgemeinschaften, die den Zusammenhang zwischen Aufforderung und Befolgung gewährleistet, wobei nicht kausale Zusammenhänge angesprochen sind, so daß eine Befolgung also auch in der Verweigerung einer Handlung oder in ihrer Andersartigkeit bestehen kann. »Produktivität« besagt, daß eine regelbestimmte Sprache, deren Bedeutungen artikuliert vermittelt werden, den Sprechhandelnden die Fähigkeit eröffnet, »Sätze zu bilden und zu verstehen, die sie nie zuvor gehört haben.« (Hartmann, 168)

Das Fehlen der Semantik und die beabsichtigten Gefühlsregungen durch Musik lassen Vergleiche zur Sprache also brüchig erscheinen, erlauben es aber gleichwohl, Musik als Bestandteil menschlicher Kommunikation zu betrachten. Um Musik, wie andere nonverbale Kommunikationsmöglichkeiten zu reflektieren, bedarf es jedoch der Sprache und der mit der Sprache verbundenen Fähigkeiten zum Denken.

Allerdings ist mit »Gefühl« ein weitreichender Begriff verwendet, der sowohl Gefühle im engeren Sinne, nämlich »Leibgefühle«, umfaßt als auch Gefühle im weiteren Sinn, die in Affekten und Stimmungen zu finden sind. Mit der Wahrnehmung eigener Körperzustände, den »Leibgefühlen«, korreliert ein entsprechender Spracherwerb in der Sprachgemeinschaft, wächst die Fähigkeit, Gefühlsqualitäten, die sich von deren Intensitäten unterscheiden lassen, sprachlich zu vermitteln, wobei die Kontrolle eines adäquaten Gebrauchs der Sprache über intersubjektive Kriterien erfolgt. Zwar sind Emotionen nicht wie Dinge intersubjektiv begreifbar, wenn sie aber leiblich wahrgenommene Gefühle sind, wie Schmerzen verschiedener Art, Wärme, Kälte, Verspannung, Entspannung, Beklemmung, Drücken, Übelkeit, Müdigkeit usw., dann lassen sich ihre Qualitäten differenzieren und benennen.

Schon Säuglinge zeigen, bevor sie sprechen können, durch ihr Verhalten deutliches Bemühen, vornehmlich diese Leibgefühle der Umwelt mitzuteilen. In enger emotionaler Gemeinschaft mit Bezugspersonen, zumeist mit der Mutter, erfahren sie interpersonales Erleben,13

13 Rudolf Weber: Die fröhliche Stadt der Kinder – Versuche, Sprache zu beleben, in: Regina Nußbaum (Hrsg.): Wege des Lernens im Deutschunterricht. Phantasie entfalten – Erkenntnisse gewinnen – Sprache vervollkommnen, Braunschweig 2000, S. 19–31.
das mit dem Erlernen

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