- 61 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Fragen und Belastungen kreisen und wachsen derart, daß letztlich die Ruhe völlig dahin ist und nicht mehr an Schlaf gedacht werden kann. Nach der Kulmination dieser Unruhe tritt Erschöpfung ein, verebben die bedrängenden Sorgen. Die anfänglich gesuchte Ruhe tritt endlich ein.

2 Eine Hörerin

Eine Hörerin, der zwar der Komponist jedoch nicht der Titel der Komposition bekannt war, vergleicht den Ablauf des Stückes mit einem Dialog. Sie zieht zum Verdeutlichen einen »Pas de deux«, eine getanzte Szene, heran, in der die Dialogpartner, Mann und Frau, durch das Miteinander von tiefer und hoher Stimme, also von der jeweils von linker und rechter Hand gespielten Musik, gegeben scheinen.

Zunächst läßt sich eine langsame Annäherung heraushören, der zufolge beide ihren Weg probieren, ein Stück gemeinsam gehen, ohne dramatische Ereignisse.

»Dann beginnen die rasanten Abwärtsläufe (ab T. 44), für mich der Tanz der Ballerina, der durch Haltefiguren des Tanzpartners in der tiefen Stimme begleitet wird, bis es wechselt (T. 62) und auch der Mann seinen Soloauftritt mit bewegten Pirouetten und Sprüngen hat. Es endet für mich damit, daß die beiden beruhigt vielleicht noch ein Stück gemeinsam gehen, dann aber auseinandergehen, um sich jeweils zu einer anderen Ecke der Bühne, zu einem anderen Bühnenausgang zu bewegen, um die Bühne zu verlassen, der Mann zuerst, die Frau ganz zum Schluß.«

Mit einem zweiten Hören des Stückes wurde auch der Titel Berceuse genannt.

»Wenn ich jetzt weiß, daß das Stück Berceuse heißt, also etwas mit einem Schlaflied zu tun hat, dann könnte ich mir auch Mutter und Kind vorstellen, zumindest aber zwei Personen, die in der Musik auftreten. Zu Beginn könnte eine undramatische Unterhaltung geschildert sein, wobei das Kind eventuell nicht ins Bett gehen will und mit seiner hohen Stimme noch ganz viel zu erzählen weiß. Vielleicht wird beim Kind durch die tiefe Stimme der Mutter Phantasie wachgerufen, lebhafte Vorstellungen, die in den stürmischen Abwärtsläufen zu hören sind. Sehr banal ist mir die Feststellung, das Kind sei zum Schluß eingeschlafen. – Doch: Eine Einschlafmusik, ein Wiegenlied ist diese Musik in meinen Ohren nicht.«

Das Dialogische in der Anlage des Stückes, das durch das Wechselspiel von hoher und tiefer Stimme bzw. von rechter und linker Spielhand gegeben


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