und crescendo«, die im 7.
Takt in einer klanglichen Verdichtung von Triller und Arpeggio mündet,
durchbricht jegliches Gleichmaß, wie es in der
Berceuse von Chopin sowohl in der kontinuierlichen Begleitung als
auch in der zwar ausgreifenden, variantenreichen aber stets den Grundharmonien
verpflichteten Melodie gegeben ist. Andererseits ist die rhythmische Vielfalt
in der Melodieerfindung Chopins, in den »glitzernden Akkordbrechungen,
Fiorituren, Arabesken, Trillern und kaskadenartigen Passagen« bei Szalonek
nicht zu finden;3
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Werner Oehlmann, Klaus Billing, Walther Kaempfer: Reclams Klaviermusik
Führer, Bd. 2, Stuttgart 1981, S. 279. |
er beschränkt sich auf etwa fünf rhythmische Motive in der Melodie,
nur die Begleitung, die allerdings eine andere Funktion hat als bei Chopin,
ist ebenfalls durchgängig in Achtelnoten gehalten.
Nicht zuletzt durch Hinweise Witold Szaloneks4
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Angesprochen ist hier ein Vortrag von Witold Szalonek,
Das Oeuvre von J.S.Bach und Frederik Chopin:
zwei Paradigmen der neuzeitlichen europäischen
Musikkultur, den er am 10.06.1999 neben anderen unter Mitwirkung von
Mototsugu Harada gehalten hat. |
hat Mototsugu Harada in der Musik Chopins auf Glockenklänge geachtet,
die für ihn bei Chopin durch nachschlagende Töne erzeugt werden.
Im Vergleich dazu könnten bei Szalonek die Intervall- und Akkordkonstellationen
der linken Hand als Glockenklänge gedacht sein, zumal sie nach den genauen
Anweisungen für den Pedalgebrauch ineinanderklingen sollen. Ähnlichkeiten
zur Berceuse von Chopin ergeben sich auch
durch Tonrepetitionen (T. 28–30) und Terzgänge (T. 44–50) in der rechten
Hand, wobei allerdings die Terzgänge bei Szalonek ausschließlich
aus großen Terzen bestehen.
Die beschriebene Regelmäßigkeit in der
Berceuse von Szalonek, die zunächst noch mit Beginn der Terzgänge
konstant zu bleiben scheint, ist für Mototsugu Harada mit Beginn der
Takte 52, 53 unterbrochen. Er stellt sich die Frage, ob auch die Regelmäßigkeit
in der Abfolge der zugrunde liegenden Zwölftonreihe in der linken Hand
verlassen wurde. Zwar hat er die Tonfolge der Reihentechnik nicht aus- und
nachgezählt, doch da die Reihentechnik auch den formalen Ablauf des
Stückes prägt, ist jede Unterbrechung des regelmäßigen
Ablaufs sofort zu spüren und wird vom Interpreten mitvollzogen.
Auf die Frage nach dem Schwierigkeitsgrad der
Berceuse unterscheidet Herr Harada das Bemühen, den Notentext
zu lesen, von der spieltechnischen Umsetzung auf dem Instrument. Für
ihn ist entscheidend, wie rasch sich eine Vertrautheit mit dem Klang der
Komposition einstellt, wie der Klang im Ohr bleibt und Gefühle wachruft.
Eine solche persönliche Beziehung hat sich bei der
Berceuse von Witold Szalonek recht bald eingestellt: Schon die Einleitung
ist »sehr originell und persönlich, besonders mochte ich von Anfang
an den Takt 7, die gebrochenen Dreiklänge – das ist Herr Szalonek!«
Hierbei spielen offensichtlich Erinnerungen an einen mehrjährigen Aufenthalt
in Polen
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