- 42 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Gestaltung, welche zu einer engen Verklammerung der lyrischen Vorlagen führt:


Die Tendenz zu melodischer Wellenbewegung bestimmt die Gesangslinie und auch die Gestalt des Klaviersatzes der vier Lieder in unterschiedlich starker Ausprägung.

Die Tendenz zu unregelmäßiger Phrasenbildung, bereits in den Lasker-Schülerschen Textstrukturen angelegt, verleiht dem kompositorischen Ablauf besondere innere Spannung.

Die Neigung zu einer in Bewegung aufgelösten Akkordik erkennen wir als Gemeinsamkeit der Lieder I, II und IV. Dieses Charakteristikum erscheint im dritten Lied tendenziell weniger stark ausgeprägt; hier treten eher akkordisch-simultane Satzstrukturen in Erscheinung.

Der weitestgehende Verzicht auf melismatische Wendungen bewahrt den klangkompositorischen Charakter der literarischen Vorlage und erlaubt ihre klangfarbliche und lautmalerische Nachzeichnung.

Die liedübergreifende Motivik bewirkt einen tiefen inneren Konnex der Lieder; das kurzmotivartige Kernmotiv des ersten Liedes mit den aufwärtsgerichteten Intervallen Quarte, große Sekunde, kleine Terz (es-as-b-des) bestimmt nicht nur dessen gesamtmotivisches Geschehen als omnipräsentes Phänomen, sondern greift auch in die Strukturen der anderen Lieder in unterschiedlich starker Ausprägung ein.

Die Struktur der Harmonik wird charakterisiert durch freitonale Kombinationen, Bitonalität, vagierende Tonalität, chromatische Rückungen, personante Akkorde, aber auch schärfere Spannungsklänge.

Das erste Lied dieses Zyklus Die Liebe steht literarisch eindeutig in der Tradition Eichendorffs und Conrad Ferdinand Meyers. Die jambisch-vierzeilige Strophe des romantischen Volksliedes erfährt allerdings mannigfaltige Differenzierungen durch diskretes Aufbrechen des Reimschemas, rhythmische Stauungen, Pausen des Bewegungsflusses und unterschiedliche Längen der rhythmischen Einheiten.

Bei allen verlebendigenden Unregelmäßigkeiten rhythmisch-metrischer Elaboration erkennen wir im ersten Gedicht ein sanftes Einschwingen auf einem wiegenden Triolenrhythmus. Dieses schwingende rhythmische Leitmotiv des gesprochenen Wortes erfährt seine Transformation in den musikalischen Kontext und erscheint als nahezu allgegenwärtiges Hauptmotiv der Komposition, dessen essentielle Charakteristika durch seine Intervallstruktur (Quarte–gr. Sekunde–kl. Terz), ein spezifisches Verhältnis rhythmisch-metrischer Fixierungen (Bewegungsbeginn und Bewegungsstau) wie auch


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