- 41 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Das lyrische Werk Lasker-Schülers, zunächst von der bourgeois-konservativen Presse geächtet und verspottet, von den progressiven literarischen Kräften stets mit Lob überhäuft, erfährt im Laufe der zwanziger Jahre durch Intervention von Karl Kraus und Gottfried Benn allgemeine Anerkennung, welche in der Verleihung des Kleistpreises (1932) gipfelt. Die Verfolgung der jüdischen Dichterin durch die Nationalsozialisten fand ihren Höhepunkt in brutalen körperlichen Attacken, so daß der Weg in die Emigration als einzige Lösung offen blieb. Das Schweizer Exil wurde Ausgangspunkt zweier Reisen nach Palästina:

»Else Lasker-Schüler begrüßte Palästina mit den Augen einer Gottsucherin und den Erwartungen ihrer Bibelbegeisterung als das Heilige Land, fand aber ein äußerst profan anmutendes Land politischer Zerissenheit und sozialer Notstände vor. Dennoch erkannte sie hinter den Kulissen der Realität das Ursprungsland des Judentums und des Christentums und einen Abglanz des Himmlischen Jerusalem.«  (M. Kupper, o.S.)

Im Zuge ihrer zweiten Palästinareise erkrankte die Dichterin schwer und verstarb am 22. Januar 1945. Sie wurde am Ölberg begraben.

Die Komponistin Brunhilde Sonntag nimmt zu ihrem Werk Es ist ein Weinen in der Welt, Vier Lieder nach Texten von Else Lasker-Schüler für Sopran und Klavier wie folgt Stellung:

»Else Lasker-Schülers Gedichte, von Literaturwissenschaftlern als expressionistische Exotismen bezeichnet, sind für mich Ausdruck eines Menschen, der sein ganzes Leben auf der Suche war: nach Liebe und Geborgenheit und Verwurzelung. Mir ist eine literarische Einordnung der Gedichte gleichgültig. Ich empfinde die Worte und Texte, die manchmal wegen der Zerissenheit in ihnen nur schwer verständlich sind, als Träume und Phantasien einer ungeheuer kreativen Frau, die ihre Ängste in wunderschöne Worte und Bilder zu fassen vermochte. Diese Bilder sind von schwebender Zerbrechlichkeit, weil sie Hoffnungen ohne Sicherheit sind. Diesen Eindruck soll die Musik vermitteln.« (B. Sonntag, o.S.)

In diesem Sinne offenbart sich der musikalische Satz Brunhilde Sonntags liedübergreifend als durchsichtiges Geflecht weniger Stimmen, dessen filigrane Zartheit und feingliedrige Transparenz nur gelegentliche Ansätze zu behutsamer Verdichtung erfährt. Im Bereiche dynamischer Intensität finden diese Vorstellungen der Komponistin ihren analogen Nachvollzug.

Über diese immanente Gemeinsamkeit des Erscheinungsbildes der musikalischen Anlage hinaus enthüllt sich dem aufmerksamen Hörer eine nicht unerhebliche Anzahl weiterer bemerkenswerter Kongruenzen der kompositorischen


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