- 410 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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chance to make a public declaration of his hatred of war and the destruction it caused and to emphasize the importance of reconciliation.« (Kennedy, 78) Der Text des Werkes verbindet die römisch-katholische Totenmesse und die Missa pro Defunctis des Engländers Wilfred Owen (1893–1918) und ist durch häufigen Wechsel von Ausschnitten aus beiden Quellen gekennzeichnet; durch die Kombination der Texte werden drei Darstellungsebenen, jede mit eigenem Instrumental- und Vokalensemble, hergestellt, die Peter Evans folgendermaßen charakterisiert: »The impassive calm of a liturgy that points beyond death (boys and organ), the mingled mourning, supplication and guilty apprehension of humanity in the mass (choir and main orchestra, sometimes sublimated, rather than personalized, by the soprano soloist) and the passionate outcry of the doomed victims of war (male soloists and chamber orchestra).« (Evans, The Music of Benjamin Britten, 451)

Ähnlich meint Michael Kennedy, Britten trenne »ritualistic«, d.h. in diesem Zusammenhang das Lateinische, und »deeply personal«, d.h. hier das Englische, indem er drei Klangwelten aufbaue: »The boys’ voices and organ represent a distant, almost de-personalized, mystic world, far above the battlefields; the soprano soloist, choir and symphony orchestra are mourning humanity; and the tenor and baritone soloists, with the chamber orchestra, the voices of victims.« (Kennedy, 223) Der lateinische Text muß nicht zwingend den Charakteristiken des Chors bzw. des Knabenchors zugeordnet werden; so ist das Requiem aeternam nicht per se mit dem Begriff ›mourning‹ verbunden, sondern erst durch musikalische Mittel mit dieser Eigenschaft belegt. In diesem Fall geschieht das durch die Verwendung eines Sprechgesangs, indem der gleiche Ton in jeder Gesangsstimme im Pianissimo wiederholt und als einziges Intervall neben der Oktave und der Prime der Tritonus verwendet wird.

Die o.g. Trennung in drei Ebenen stellt meiner Ansicht nach allerdings eine Vereinfachung der tatsächlichen Textbehandlung dar. Im Agnus dei ist einerseits eine einheitliche Begleitformel für Chor und Tenor-Solo festzustellen, andererseits wird der Chor differenziert in getrennten Männer- bzw. Frauenchor (›Recordare‹ bzw. ›Confutatis‹ im Dies Irae), in seated (Kyrie eleison, Agnus dei) bzw. standing (der Großteil des Oratoriums) sowie in vollständigen bzw. Semi-chorus (Quid sum miser im Dies irae). Weiterhin wird jede der vier Chorstimmen beispielsweise im Hosanna (im Sanctus ) bis zu drei Mal geteilt verwendet. Der Knabenchor ist teilweise einstimmig (Hostias et preces im Offertorium), dann wieder zweistimmig ( Chorus Angelorum im Libera me), oder beide Stimmen singen im Wechsel (Domine Jesu im Offertorium).

Als Sänger wünschte Britten sich Künstler aus den drei Ländern, die am meisten gelitten hatten: Aus England Peter Pears, aus Deutschland Dietrich


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