- 407 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Ländern sowie durch die Begegnung mit verschiedenen Musikgattungen von Bedeutung.

6 Gerechtigkeitssinn

Gerechtigkeit ist ein Ziel einer Erziehung zur Friedensbereitschaft, das mit wachsender Toleranz und Kommunikationsfähigkeit angestrebt werden kann. Allerdings ist nicht davon auszugehen, daß alle Kinder noch in der Grundschule ein differenziertes Verständnis für diesen abstrakten Begriff entwickeln. Obwohl Jean Piagets Versuche Widerspruch hervorgerufen haben, sind sie meines Erachtens geeignet anzudeuten, welche Probleme bei der Behandlung des Themas ›Gerechtigkeit‹ in der Primarstufe auftreten können. Kinder gehen bei Schuleintritt laut Piaget von der unbedingten Autorität Älterer aus. Gerecht ist, was ein Erwachsener sagt. Mit sieben bis acht Jahren wird Gleichheit wichtiger: »Nur aus Gegenseitigkeit resultierende Strafen sind gerecht. Der Glaube an immanente Gerechtigkeit nimmt ab. Eine moralische Handlung wird unabhängig von einer Strafe angestrebt.« Erst mit etwa zwölf Jahren kann davon ausgegangen werden, daß nicht absolute Regeln verfolgt, sondern die Situationen von Individuen zum Maßstab werden (vgl. Ziegler, 107). Erst in diesem Alter wird abstraktes Denken möglich (vgl. ebd., 82). Gerade hier wird man also mit nur geringen Erfolgen zu rechnen haben, was aber die Notwendigkeit einer diesbezüglichen Förderung nicht aufhebt.

7 Verantwortung und Medienerziehung

Verantwortungsbewußtsein ist die Grundlage dafür, daß erworbene Erkenntnisse alltagsrelevant werden. Erst durch das Erkennen der eigenen Zuständigkeit für ein Problem sieht sich das Kind vor die Aufgabe gestellt, eigene Lösungswege zu suchen. Die Bedeutung der Eigenbeteiligung wird auch von Ludwig Duncker hervorgehoben: »Die Erwartung und Zumutung eigenständigen Handelns ist selbst von politischem Wert, gerade in einer Gesellschaft, in der mehr und mehr eine konsumptive Weise der Aneignung von Massenkultur vorherrscht.« (Duncker, 90) Reinhard Fehling stellt die m.E. übertriebene These auf, daß musikalische Unmündigkeit – ausgehend von einer Massenkultur mit nicht-beeinflußbarem Dauerhören von Musik – zu einem entsprechenden Pendant auf gesellschaftlicher Ebene führen kann: »Das passive Über-Sich-Ergehen-Lassen-Müssen der funktionellen Musik geht einher mit einer tendenziellen Entmündigung im politischen Bereich. Es ist zu befürchten, daß kritikloses Aufnehmen von Musik transferiert wird in ungeprüftes Hinnehmen gesellschaftlicher Verhältnisse.« (Fehling, 19) Medienerziehung


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