gelten. Sie wären
ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu
einer Friedenserziehung.« (Rieger,
13–14)
Diese Argumentation scheint nicht schlüssig: Politische und pädagogische
Ziele werden getrennt betrachtet, ohne zu berücksichtigen, daß
auf die Erziehung in jenem Gesellschaftssystem eingewirkt wird, in dem sie
stattfindet. Pädagogen sind nicht frei von dem Einfluss allgemeiner
Wertvorstellungen gleich welcher Art, und Richtlinien und Gesetze bestimmen
deren Realisierung: »Staat und Politik besitzen gegenüber der
Pädagogik sowohl Ordnungsfunktionen (institutionelle Voraussetzungen)
als auch Zielfunktionen (inhaltliche Dimensionen von Bildung und Schule).« (Antholz,
292) Trotz der Unterschiede zur Gegenwart waren auch im »Dritten Reich«
politische und pädagogische Ziele identisch. Insofern ist jede Erziehung
politisch und befindet sich im Konsens oder Dissens mit herrschenden Vorstellungen
und Vorschriften.
Daraus resultiert die Notwendigkeit einer politischen Erziehung. Erzieher
und Schüler sind den gesellschaftlich-politischen Einflüssen ihrer
Umwelt ausgesetzt. So besteht ein Aspekt der Friedenserziehung darin, daß
Kinder lernen, sich von Wertvorstellungen und Autoritätspersonen zu
distanzieren und sie kritisch zu betrachten. Kritisches, selbständiges
Denken ist das Ziel. Indoktrination politischer oder pädagogischer Ziele
wird dadurch nicht ausgeschlossen, aber doch erschwert (vgl. dazu Antholz,
292ff).
Trotz der m.E. nicht korrekten Argumentation kommt Eva Rieger zu einem
vergleichbaren Ergebnis: »Das heißt aber andererseits nicht,
daß man politische Inhalte meiden sollte. [...] Entscheidend bleibt,
daß der/die Schüler/in sich in der Auseinandersetzung mit dem
Lehrstoff und dem Lehrenden eine eigene Einstellung bilden kann, daß
zudem durch die Einsicht sowohl in musikalisch-ästhetische als auch
ideologisch-politische Strukturen die Fähigkeit erlernt wird, die Phänomene
selbständig zu durchschauen und abzuwägen. Jeder Versuch, in eine
Richtung zu drängen, würde mit kritikloser Anpassung oder blinder
Opposition erwidert werden.« (Rieger, 14) Zu klären bleibt,
ob und wie im Musikunterricht der Grundschule die Indoktrination auf der
Seite der Lehrenden vermieden wird, ohne daß die Lernenden Wertvorstellungen
unreflektiert übernehmen. Grundlage aller weiteren Ausführungen
ist die Intention, Indoktrination durch Reflexion zu ersetzen.
2
Fähigkeit und Bereitschaft
Bei der Überlegung, welche Aspekte zu einer Friedenserziehung für
ein Kind im Grundschulalter gehören können, fällt die Betonung
der ›Friedensfähigkeit‹
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