- 393 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Strauß – der Walzerkönig, Schubert – der Liederschreibende Bohemien, Grieg – das kränkelnde Genie stößt, kann nur schwerlich an eine Musikvermittlung glauben, wie sie die Einleitung in die Reihe verspricht: »Die Klassiksammlung liefert Ihnen den Schlüssel zu höherem Musikgenuss.« (Die Klassiksammlung 1992, S. 1)

Woher aber beziehen derartige Publikationen ihren Erfolg? Worin begründen sich die Einschaltquoten für Fernsehsendungen, die den Jugendlichen den gewünschten ›Musikerkult‹ hautnah präsentieren? Aus welchem Grund verkaufen sich CD-Einspielungen, in denen das Leben von Komponisten und ihre Musik präsentiert wird (z.B. Pradere 1978; Duhamel 1978)? Was veranlasst Konsumenten, CD-ROMs zu kaufen, die »Große Komponisten und ihre Werke« in einem »multimedialen Musikgenuss« darstellen (Zauber klassischer Musik 1997)?

Geht man von der Annahme aus, dass derartige Veröffentlichungen lediglich die existierenden Bedürfnisse potentieller Käufer aufnehmen und zum eigenen wirtschaftlichen Erfolg zu nutzen suchen, lässt sich aus den Inhalten und Vorspiegelungen einiges über die Wünsche und Einstellungen der Leser/Hörer ableiten. Untersucht man die Publikationen, die z.Zt. auf dem deutschen Markt vertrieben werden, fällt die Diskrepanz zwischen einem Höchstmaß an Information über alles, was neben der Musik benannt werden kann, und einem Mindestmaß an Information über die Musik selber auf. Exemplarisch sei auf den Einstieg in ein Komponistenporträt Griegs verwiesen: »Griegs heroische Chorkomposition Landerkennung, deren Stil dem Tannhäuser Richard Wagners (1813–1883) nahe steht, symbolisiert einen Teil seines eigenen Lebens und Wirkens.« (Baum 1995, S. 8)

Eine werkorientierte Begründung dieser Einschätzung, an die sich die biographische Darstellung anschließt, ist hier, wie an vielen ähnlich gelagerten Aussagen, nicht auszumachen. Es scheint um Musik zu gehen, aber ihre Bedeutung im Zusammenhang derartiger Aussagen bleibt unklar. Dem Leser jedoch wird suggeriert, er bekomme mit diesen und ähnlichen Hinweisen einen Weg zum Verständnis der Sache Musik geebnet:

»Jeder Chorsinger, der einmal an der Aufführung dieses beeindruckenden Werkes [ Landerkennung, op.31] teilnehmen durfte, wird sich lange an das Erlebte zurückerinnern. Leider wird es zu oft versäumt, durch Darstellung des geschichtlichen Hintergrundes solches Erleben sinnvoll zu vertiefen.« (Baum 1995, S. 7)

Ob Leserinnen und Leser wirklich an ein ›vertieftes Erleben‹ glauben, ob sie gar auf ein besseres Verständnis des Werkes hoffen, oder ob es ihnen um das Rahmen- (manchmal sogar nur Rand-)wissen geht, lässt sich nicht sagen. Festhalten kann man aber, dass eine konkrete Auseinandersetzung mit dem


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