- 390 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Wissen um die Person des Komponisten oder Interpreten ein vorurteilsfreier Eindruck des Werks, vielleicht bleibt dieser Eindruck zu sehr im Außermusikalischen; auf jeden Fall erkennt der Hörer die Bedeutung des Machbaren, des ›Normativen‹ und des ›Innovativen‹ nicht, wenn er die Augen vor jedem außermusikalischen Bezug verschließt. Dietmar Ströbel fasst dies wie folgt zusammen:

»Hier nun setzt ein zentrales Interesse an der ›Biographie‹ und damit Lebensgeschichte als Gegenstand einer Musikpädagogik ein: Lebensgeschichte als eine begründet verbundene Kette auf eine Persönlichkeit bezogener Lebenssituationen, in die Menschen durch ihr in weitestem Sinn musikbezogenes Handeln verstrickt sind, erlaubt, etwas über musikalisches Tätigsein, über musikalisches Handeln selbst zu erfahren. Lebensgeschichten, vermittelt durch Biographien und durch Autobiographien sowie durch Dokumente, sind immer auch Bildungsgeschichten: Sie führen (möglicherweise) Prozesse musikalischen Lernens in bezug vor allem zum Komponieren und Spielen, aber auch zum Hören vor, in weit gespannten Dimensionen und unter den je gesellschaftlichen Bedingungen der Zeit. Damit – und vor allem im Vergleich von Lebensgeschichten – können variante und invariante Züge zum Vorschein kommen, vor allem dann, wenn wir den Zeitraum auf das 16. bis 20. Jahrhundert begrenzen. In besonderem Maße gilt dies für den Handlungszusammenhang Musikerfinden, Musik-Machen.«  (Ströbel 1986, S. 80f.)

So erhalten die Umstände, in denen Musik sich gestaltet, ihre didaktische Bedeutung und vermitteln Musikimmanentes, dem Bezüge zu einem außermusikalischen – biographischen und/oder sozialen – Kontext nachgewiesen werden können. Bernd Sponheuer hat die hierin begründeten Möglichkeiten am Beispiel des dritten Satzes der ersten Sinfonie Gustav Mahlers aufgezeigt (vgl. Sponheuer 1989) und dabei die Möglichkeiten des kunstwerkorientierten Einbezugs von Information und Anekdotenhaftem anschaulich angewandt.

Aus einer anderen Perspektive heraus fordern Martin Geck und Peter Becker den Einbezug der Lebenswelt und der Lebensumstände des Komponisten in den Musikunterricht. Becker spricht von einer »Erhellung der Szenerie«, die es erlaube, den Gegenstand selber besser ans Licht zu bringen und in diesem Zusammenhang das Komponistenporträt einbeziehen müsse (Becker 1992, S. 6). Im Rahmen einer »kulturerschließenden Musikdidaktik« sieht auch Martin Geck die Notwendigkeit, den Musikunterricht an mehr zu orientieren, als es die von allen Nebenaspekten losgelöste Kunstwerkbetrachtung vorsehe. In diesen Überlegungen spielen die Voraussetzungen und Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler eine größere Rolle, als in den vorrangig sachbegründeten Vorbehalten gegen eine Thematisierung des


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