die die geschilderten Möglichkeiten mit sich bringen, könnte aber
auch der Verzicht auf biographische Materialien in einem modernen Musikunterricht
als geboten erscheinen. Diether de la Motte sah vor dem Hintergrund solcher
und ähnlicher Überlegungen in ironischer Überspitzung jeden
Porträtversuch großer Komponisten als zum Scheitern verurteilt
(vgl. de la Motte 1992, S. 8), und Carl Dahlhaus konstatierte gar das
Ende aller Musikbiographien im Rahmen der Musikwissenschaft (vgl. Dahlhaus
1975). An dieser Stelle dürfen Überlegungen zum Komponistenporträt
im Musikunterricht jedoch nicht abbrechen, sondern haben aufzuzeigen, welchen
Zielvorstellungen folgend und welchen Kompromissen unterworfen Porträts
unzureichend bleiben müssen und in welchem Zusammenhang sie dennoch
Gewinn versprechen. Hermann Danuser beschreibt einen möglichen Gewinn
mit der Möglichkeit der »historischen Annäherung« an
das Kunstwerk. Dennoch, so Danuser, begründet sich das Werk erst außerhalb
des biographischen Rahmens als Kunst und löst sich damit letztlich aus
der »lebenswirklichen Abhängigkeit vom Komponisten.« (Danuser,
1986, S. 68) Diese Chance einer Annäherung nicht zu nutzen, erscheint
geradezu borniert, zieht man andere, wenig vielversprechende, didaktische
Annäherungsversuche an ein Kunstwerk in Betracht, denen dennoch ein
hohes Maß an Aufmerksamkeit zuteil wird. Das Mittel der Biographie
im Sinne eines didaktischen Kompromisses zu verstehen, als ein Hilfsmittel,
dessen Qualität immer wieder neu zu bestimmen und dessen Einsatz immer
wieder neu abzuwägen ist, soll im Folgenden verdeutlicht werden.
In der Zusammenführung von Mensch und Musik, die im Musikunterricht auf unterschiedlichsten Ebenen zu initiieren ist, wird immer wieder versucht, den Kontakt zwischen Hörer und Musik durch eine didaktische Vermittlung zu beeinflussen. Ob man als Musikpädagoge/Musikpädagogin hierbei eine gesteigerte Aufmerksamkeit, ein tieferes Verständnis, ein umfassenderes Erlebnis oder was auch immer zu gerieren sucht, auch der außermusikalische Kontext wird in die Überlegungen einbezogen und nutzbar gemacht. Bereits kleinste Informationen wie z.B. eine Datierung lassen sich letztlich nur vor dem Hintergrund der didaktischen Vermittlung von Musik an sich begründen. In diesem Sinne kann auch die ›Entstehungs- und Aufführungsaura‹ von Musik eine Rolle spielen; den zeitgebundenen Kontext, der in einem Spannungsverhältnis zum zeitlosen Inhalt steht, gilt es verständlich zu machen, anders ausgedrückt: nur wer die Mittel nachvollziehen kann, der kann sich auch die Inhalte erschließen, und wer die Mittel verstehen will, muss um ihre Bedeutung im Rahmen der Zeit wissen. Damit erst erhält das Wissen um die äußeren Umstände von Musik seine Legitimation; in einem Wissensdreieck von Inhalt, Zeitumständen und Individualumständen wird dem Hörer das o. g. Spannungsverhältnis bewusst. Vielleicht verstellt sich ihm durch sein |