- 373 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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sind auch konzertant-szenische Darbietungen erfolgreich, wenn gezielter Star- und Requisiteneinsatz eine große Show ermöglicht. Neben dem klassischen Theaterabend hat sich Film und Fernsehen längst seinen Platz gesichert. Schon in der Stummfilmzeit gab es die Filmoperette, wobei die Musik teils in der Phantasie der Zuschauer stattfand, teils durch Klavier- und Ensembleeinlagen angedeutet wurde (vgl. Bartel 1992, 18). Am beliebtesten ist der deutsche Farbfilm und analog das Fernsehen.

Die Filmoperette in den 50er Jahren orientiert sich am Unterhaltungsfilm ihrer Zeit. Die Operette selbst reduziert sich meist auf wenige Erfolgsnummern, die Handlung wird in die Gegenwart verlegt und in eine Rahmenhandlung eingebaut. Beispiel dafür ist der Zarewitsch, wo die Operette von Franz Lehár oder Teile daraus als Traum einer Ballettänzerin dargestellt werden. Originalschauplätze schmeicheln der Abenteuerlust und dem Fernweh des Publikums (vgl. Bartel 1992, 104 ff.).

Im Spielbetrieb der Musiktheater der 1980er Jahre nimmt die Operette rund ein Drittel aller (Musik-) Aufführungen ein (laut Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins von 1987). Kleinere Bühnen, und das ist die Mehrzahl in Deutschland, müssen selbstverständlich ihre Künstler in beiden Sparten, Oper und Operette, einsetzen. Es ist üblich, daß eine Desdemona am nächsten Abend Frau Luna singt, oder ein Sarastro kurz danach den Kezal oder Zsupán. Dagegen ist ein Musical-Ensemble nicht so leicht austauschbar: hier gelten andere Qualitätsmaßstäbe. Schließlich müssen die Darsteller nicht nur singen, sondern auch tanzen und schauspielern können, und das alles möglichst perfekt und amerikanisch, nach dem Vorbild der Broadway-Theater.

Es zeigt sich, daß das Operetten-Publikum der 1970er/80er Jahre nicht nur aus älteren Personen besteht, die nostalgisch die Musik ihrer Jugendzeit wieder erleben möchten, sondern daß in zunehmendem Maße auch Schüler und Studenten die Vorstellungen besuchen. In einer Umfrage aus den Jahren 1970 bis 1980 (vgl. Graml/Reckziegel 1982, 191 ff.) wurde auch die Frage nach der Lieblingsmusik gestellt. Der Begriff Operette taucht bei Erwachsenen mit längerer Schulbildung, die selbst ein Instrument spielen oder früher gespielt haben – so die Definition der befragten Population – so gut wie gar nicht auf. Dagegen geben 24,4% der Männer und 37,3% der Frauen, die nur Volksschulbildung genossen haben und kein Instrument spielen oder gespielt haben, Operette als ihre Lieblingsmusik an. Das Interesse dürfte heute (1999) eher noch größer sein. Der tatsächliche Besuch mag sich nach örtlichen Gegebenheiten richten.

Daneben orientiert sich das Publikum, vor allem die Jugend, stark an der Produktion des Musical-Theaters. Zwar sind die Texte nicht klarer oder besser, sondern eher noch weniger schlüssig als früher. Hauptanziehungsgrund


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