kaum Chancen auf Verwirklichung.
Die Hauptsache bei allen diesen Aktivitäten bleibt aber Interesse und
Spaß an der Sache. Desinteresse wäre das schlimmste Ergebnis einer
Nachbereitung. So wird denn eine Reformoper von Gluck gegenüber dem
Zigeunerbaron einen schweren Stand haben.
Auf den Inhalt, d.h. auf die Logik des Geschehens, kommt es beim Musiktheater nicht so sehr an. Das Libretto ist als Rohmaterial für den Komponisten zu verstehen – eine Zusammenarbeit mit dem Textdichter ist da wohl eher die Ausnahme. Will man jedoch Interesse oder gar Sympathie für Opernmusik als ein geschichtlich gewachsenes Kulturerbe wecken und Hilfen »zur individuellen Lebensbereicherung« geben (Zimmerschied 1988, 142), so genügt das akustische Vorführen von Arien keineswegs. Das Interesse für den Besuch einer Theatervorstellung ist gegeben, wenn einige Grundbedingungen erfüllt sind: verständliche Handlung und aktuelle Bezüge, gute Qualität der Darbietung, Verzicht auf Rechenschaftsberichte und aufdringlichen Moralismus. Es gibt eigentlich keinen Grund, die Gattung Operette vom Musikunterricht auszuschließen. Die vorgeschobenen moralischen Bedenken ihr gegenüber sind längst überholt durch weit schwerer zu tolerierende Erzeugnisse der Crime-and-Sex-Welle. Obwohl die Kirche in der Operette weder angegriffen noch verspottet wird, – die Figur des Domorganisten als Repräsentant der Geistlichkeit im Schwarzwaldmädel kann wohl außer Acht gelassen werden – lehnten deren Vertreter die ganze Gattung als verführerische Halbwelt ab. Um ein historisches Beispiel zu nennen: In Würzburg wurde 1927 gegen eine Aufführung der Schönen Helena von Offenbach protestiert (vgl. Bartel 1992, 16). Kirchliche Kreise nahmen Anstoß an einigen Dialogen und an einer Gebetszene vor der Kulisse von Leda mit dem Schwan. Die beanstandeten Stellen mußten abgeändert, das Bild entfernt werden. Die Drahtzieher der Lehrplangestaltung für Höhere Schulen (andere sind kaum betroffen) geben sich weltanschaulich offen oder möchten dafür gelten. Sehr sensibel reagiert jedoch das Kultusministerium auf kritische Erinnerungen von kirchlichen Stellen. Ähnlich verhält es sich im kulturellen Bereich, der angeblich keiner Zensur unterliegt. Gestatten Sie zuletzt noch ein Zitat von Helmut Mauró (SZ-Feuilleton von Weihnachten 1997): »Der Verzicht auf Lebensfreude, die dann spärlich von der Bühne zurücktröpfelt, scheint das höchste Opernglück auszumachen. So wurde aus einer Stätte des Vergnügens ein Zuchthaus erhabener Gefühle. Gelacht wird nicht in der Oper, und wenn doch, dann nennen wir es Operette.« |