- 361 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Jahrhunderts besonders auf diese Fächer bezog, während in den »wissenschaftlichen« Fächern deren Systematik für den Unterrichtsaufbau herhalten mußte. Dieser »abbilddidaktische« Ansatz hat sich besonders in gymnasialen Fächern lange gehalten.

Der Versuch, die kulturelle Situation der zwanziger Jahre unter dem Gesichtspunkt von Musik und Technik in aller Kürze darzustellen, scheitert an der Fülle wenig einheitlicher Entwicklungslinien in allen Lebensbereichen. Aber »[...] nichts wäre leichtfertiger, als einfach das Loblied dieser schönen Zeitgemäßheit zu singen und die Dinge vor dem Auge des Lesers so abrollen zu lassen, wie sie dem oberflächlichen Beschauer im täglichen Leben sich darzubieten pflegen.« (Kestenberg 1930, Vorwort)

Die Frage nach eindeutigen stilistischen Entwicklungen in den zwanziger Jahren ist für die Musik noch schwerer zu beantworten als für andere Künste, deren Stilmerkmale sich im Verlauf des Jahrzehnts immer mehr auf gesellschafts- und kulturpolitische Moden und Trends reduzierten. »Von einer ›Musik der Weimarer Republik‹ hat man bisher selten oder nie gesprochen. Auf den ersten Blick scheint es auf diesem Gebiet nicht viel zu geben, was in Richtung Republikbewußtsein, Demokratisierung, Technologie oder Sachlichkeit drängt.« (Hermand/Trommler 1978, 299; vgl. auch die über die hier interessierende Fragestellung hinausgehende (parteiliche) Charakterisierung der kulturpolitischen Entwicklung in der Weimarer Republik, S. 299–352) Das hier im weitesten Sinne auf ›Technik‹ gerichtete Interesse, wird kaum in den ersten Nachkriegsjahren – etwa bis 1923/24 – aufzufinden sein, die wesentlich vom traditionellen Konzertrepertoire bestimmt waren, allenfalls durch spätromantische oder ›expressionistische‹ Werke angereichert.

In den Folgejahren, bis etwa 1929, lassen sich sehr unterschiedliche Entwicklungen verfolgen, denen antisubjektivistische und pluralistische Tendenzen gemeinsam sind. Der problematische Begriff der ›Neuen Sachlichkeit‹ äußerte sich in höchst unterschiedlichen Tendenzen: »als Renaissance älterer ›vorsubjektivistischer‹ Musikformen, als modische Begeisterung für den pausenlosen drive der nordamerikanischen Jazzorchester, als Verkultung des Motorischen und Maschinellen, als Hinwendung zu sogenannter Gebrauchsmusik, als Interesse an mechanisierter Musik im Rahmen der neuen Film- und Funkindustrie sowie an allen Genres der herkömmlichen Zweckmusik in Form von Tanzmusik, Militärmusik, Volksmusik und ähnlich ›überindividuellen‹ Ausdrucksformen.« (Hermand/Trommler 1978, 309)

Der Technik- und Maschinenkult, der auch in Konzertsälen und Opernhäusern (kurzzeitig) Konjunktur hatte, ist nur auf dem Hintergrund der allgemeinen Aufbruchstimmung und Technikbegeisterung in der Mitte der zwanziger Jahre zu verstehen. Er hatte alle Eigenschaften eines Modetrends


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