Wießner, Eduard, Geschichte des Handfertigkeitsunterrichts
für Knaben.
Krause, F.W.D., Die Geschichte des Unterrichts in den Nadelarbeiten.
Interessant ist, daß Kehr weder in diesem noch in anderen Bänden
seines Werkes die Zuordnung zu den ›technischen‹ Fächern problematisiert
oder auch nur begründet. Sie war inzwischen allzu selbstverständlich
geworden.
Auch jenseits des schulischen Gesangsunterrichts verbreitet sich der Technik-Begriff
im 19. Jahrhundert zunehmend. Dienten die bedeutenden Instrumentalschulen
des 18. Jahrhunderts (Quantz, Ph. E. Bach, L. Mozart usw.)
wesentlich der Hinführung zur Musik über das Instrument, so gewann
der Aspekt des Technischen im Verlauf des 19. Jahrhunderts mehr und mehr
an Gewicht, und das sehr häufig auf Kosten der musikalischen Qualität.
Noch 1994 (!) fragt Christoph Richter, »ob der angedeutete traditionelle
Unterrichtsaufbau und das ihn begründende Konzept (= der Weg von der
Technik über spezielle und systematische Spielprobleme zur musikalischen
Interpretation bestimmter Werke) die einzig sinnvolle Planung von Unterricht
darstellen [...].« (Richter 1994, 13)
Für den Gesangsunterricht setzt vor allem unter dem Einfluß
der Kunsterziehungsbewegung ein Umdenken ein, das die künstlerische
Erziehung an die Stelle des nur ›technischen‹ Unterrichts setzt. So stellt
Georg Rolle auf dem 3. Musikpädagogischen Kongress (Berlin 1906) fest:
»Der Gesangsunterricht ist, gleich dem Zeichenunterricht, ein Kunst-
aber kein technischer Unterricht. Wir müssen Sorge tragen, daß
diese häßliche Auffassung schwindet [...].« (Rolle
in: Gruhn 1993, 204)
Für Fritz Jöde, der schon während des ersten Weltkrieges
nach neuen musikpädagogischen Wegen suchte, wird das ›Technische‹ mehr
und mehr zu einem (negativen) Schlüsselbegriff. Das letzte Kapitel seiner
Schrift Musik und
Erziehung (Jöde 1919, 129ff.) steht unter dem Motto »Das
Technische versteht sich von selbst«. Beim Lesen der fünf beispielgebenden
»Lebensbilder aus der Schule« wird deutlich, was als ›technisch‹
vermieden werden soll: Der mechanische Umgang mit verschiedenen Taktarten;
das unnatürlich hinaufgetriebene Brustregister, »dieses Abzeichen
schlechter Sing- und guter Patriotenschulung« (Jöde 1919,
137); Drillübungen zu Stimmansatz und Artikulation.
In der Einleitung zu Musik und Erziehung
erläutert Jöde in sieben Abschnitten seines »musikpädagogischen
Versuchs« den Technik-Begriff (bes. Kap. »Das Heute« (Jöde
1919, 13ff.)). Jöde unterscheidet zwei Wege und Einstellungen zur Musik:
den des Fachmanns (technisch) und den des Laien (psychologisch). Während
der Fachmann sein Ziel über ein »gründliches
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