- 35 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
  Erste Seite (2) Vorherige Seite (34)Nächste Seite (36) Letzte Seite (422)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

(der ein »dermaßen strenger und doktrinärer Mann« gewesen sei, »daß nichts mehr zum Atmen kommen konnte«) einander antipodisch gegenüber gestellt werden,37
37 Helmuth Hopf/Brunhilde Sonntag, Studenten im Gespräch mit Gottfried von Einem , in Zeitschrift für Musikpädagogik 9. Jg. (Mai 1984), Heft 26, 6.
sind keineswegs vordergründig polemisch bzw. apologetisch: Übereinstimmend mit von Einems kritischen Einwänden konnte auch Gerd Sannemüller 38
38 Hindemith als Musikpädagoge, in: Zeitschrift für Musikpädagogik 2. Jg. (1977), Heft 4, 56.
in einer Studie über das musikpädagogische Wirken Paul Hindemiths feststellen:

»Innerlich beschäftigt mit dem Ausbau seiner strengen Tonsatzlehre und nicht kompromißbereit, ließ er [Hindemith, T. E.] seinen Schülern wenig Raum zu einem freieren Arbeiten. Die ausschließliche Einstellung auf dieses Tonsystem wurde vielfach als eine Einschränkung der künstlerischen Entwicklungsmöglichkeiten angesehen; Adorno benutzt dafür das harte Wort ›Gleichschaltung‹. Eine Distanz zu den Studenten, die andere Vorstellungen hatten, war daher zeitweilig in Hindemiths 13-jähriger nordamerikanischer Lehrtätigkeit unüberhörbar.«

Daß eine strenge Lehre nicht mit handwerklich-kompositionstechnischer »Gleichschaltung« einhergehen muß, hat Blacher auch insofern bewiesen, als er seinen Kompositionsschülern, die er im Laufe seiner bis 1970 anhaltenden Lehrtätigkeit ausgebildet hatte, den für nötig erachteten Freiraum bei der Suche nach eigenen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten gewährte: Die Kompositionen von zahlreichen prominenten Blacher-Schülern, wie Aribert Reimann, Isang Yun, Giselher Klebe, Rudolf Kelterborn, Heimo Erbse, Francis Burt, George Crumb, Klaus Huber, Claude Ballif, Roland Kayn, Maki Ischii und Noam Sheriff zeugen zweifelsohne von der stilistischen Vielfältigkeit und jenem vielgepriesenen musikalischen Freiraum, den Blachers undogmatischer Unterricht zuließ. »Die Selbstverständigung im Dialog, das klärende Sichauseinandersetzen mit einem Problem, das ›Sokratische‹ im gemeinsamen Suchen nach der richtigen Lösung«, so schrieb Dominik Hartmann, habe zwischen Lehrer und Schüler »eine Art Lebensbeziehung entstehen lassen«, deren fortdauernde Anziehungskraft auch die Schüler untereinander verbunden habe.39

39 Hartmann, a.a.O., 5.
Mag der Begriff »Lebensbeziehung« vage und überhöht erscheinen, so ist es zutreffend, daß sich durchaus freundschaftliche Kontakte ergaben: So zwischen Schülern Blachers, die zwar nicht zeitgleich miteinander studiert hatten, aber ihre oft uneingeschränkte Wertschätzung für den Lehrer teilten und unter Anerkennung ihrer oft sehr unterschiedlichen musikalischen Ausdrucksweisen sich gegenseitig schätzten und unterstützten. 40
40 Vgl. Aribert Reimann, Zum 75. Geburtstag Gottfried von Einems (1993) – Unveröffentlichtes Typoskript im Besitz des Verfassers.

Erste Seite (2) Vorherige Seite (34)Nächste Seite (36) Letzte Seite (422)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 35 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft