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Die Lithographie
So leicht die Pewter-Platten auch zu bearbeiten waren, so schnell ließ
ihre Druckqualität mit zunehmender Auflage nach, denn durch das ständige
Zusammendrücken in der Druckpresse flachten die eingravierten Bereiche
der Platten allmählich ab. Spätestens nach ungefähr 300 Abzügen
mußten die abgenutzten Stellen, darunter überwiegend Notenköpfe,
nachgestochen werden (vgl. Duggan und Beer, 444–445). Abhilfe schaffte
die 1796 von Alois Senefelder ersonnene Lithographie
. Senefelder unternahm schon früh die unterschiedlichsten Versuche,
Kalksteintafeln als Druckplatten zu verwenden. Die ersten Schritte in diese
Richtung gelangen ihm durch Einritzen der Schrift in den Stein, um die tieferliegenden
Bereich anschließend wie beim Kupferstich mit Druckfarbe zu füllen
und abzudrucken. Eine wirkliche Neuerung in der Drucktechnik entdeckte er
durch einen Zufall, gepaart mit folgenreicher Intuition:
»Ich hatte eben eine Steinplatte sauber abgeschliffen, um sie nachher
wieder mit Aetzgrund zu überziehen
und darauf meine Uebungen im Verkehrtschreiben
fortzusetzen, als meine Mutter von mir einen
Wäschezettel geschrieben haben wollte. Die Wäscherin wartete schon
auf die Wäsche, es fand sich aber nicht
gleich ein Stückchen Papier bey
der Hand; [...] so besann ich mich nicht lange, und schrieb den
Waschzettel einstweilen [...] auf die abgeschliffene
Steinplatte hin, um ihn, wenn frisches
Papier geholt seyn würde, wieder abzuschreiben. Als
ich nachher diese Schrift vom Stein wieder abwischen wollte, kam mir
auf einmal der Gedanke, was denn aus so einer
mit dieser Wachstinte auf Stein geschriebenen
Schrift werden würde, wenn ich die Platte mit
Scheidewasser ätze, und ob sie sich nicht vielleicht nach der Art der
Buchdrucker-Lettern oder Holzschnitte einschwärzen
und abdrucken ließe.«
(Senefelder, 11–12)
Tatsächlich zeichnete sich nach der Ätzung das Relief der Schrift
in Form wenige Millimeter umfassender Erhebungen von dem unbeschriebenen Bereich
ab und konnte anschließend leicht mit Druckfarbe überzogen werden.
Zum eigentlichen Flachdruckverfahren auf
chemischer Basis, bei dem druckende und nicht-druckende Bereiche auf einer
Höhe liegen, gelangte er einige Zeit später. Senefelder entdeckte,
daß Kalkschiefer aus Solenhofen ein »heftiges Bestreben [zeigt,]
sich mit Fett zu verbinden« (Senefelder, 37). Ein solcher,
mit fettiger Farbe beschriebener Kalkstein, dessen freigelassenen Bereiche
anschließend durch eine Ätzung und Behandlung mit Gummiwasser
die lipophile Eigenschaft einbüßten, konnte nun beliebig oft mit
öliger Druckfarbe bestrichen werden. Diese blieb nur an den fettigen
Stellen haften und wurde von der wässerigen Umgebung abgestoßen.
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