vorgefertigter Typen. Beispielsweise müssen Balken,
Bögen und Crescendogabeln sehr variabel in Abhängigkeit von der
vorliegenden Notenkonstellation positioniert werden können, um ein harmonisches
Druckbild zu gewährleisten. Mit fixen Typen standen dem Setzer jedoch
nur bestimmte, ausgewählte Varianten dieser Elemente zur Verfügung,
die ihn in vielen Fällen zu Kompromissen zwischen seiner ästhetischen
Vorstellung und dem technisch Machbaren zwangen. So verwundert es nicht,
daß Breitkopfs Typendruck trotz der guten qualitativen Druckergebnisse
mit zunehmender Komplexität der Kompositionen schnell an seine Grenzen
stieß und er aufwendige Partituren durch Abschreiber vervielfältigen
ließ. Tatsächlich verkaufte er in den Folgejahren mehr geschriebene
als mit seiner Erfindung gedruckte Noten (vgl. Chrysander, 199). Die
Möglichkeiten des Typendrucks waren schließlich ausgereizt und
andere Verfahren mußten herangezogen werden, um mit den notenschriftlichen
Anforderungen der Kompositionen schrittzuhalten.
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Der Notenstich
Die richtungsweisende Alternative zum Typendruck fanden die ersten Musikverleger
Mitte des 16. Jahrhunderts in einer damals bereits seit rund neunzig
Jahren bekannten Technik bildender Künstler. Der
Kupferstich, bei dem die zu druckenden Motive mit einem Messerstichel
in eine Kupferplatte geritzt wurden, ermöglichte dem geübten Handwerker
die Herstellung nahezu beliebig gestalteter Druckvorlagen – eine ideale Voraussetzung
für flexible Notenbilder. Im Gegensatz zum Holztafeldruck müssen
beim Kupferstich die Druckbereiche also nicht freigelegt sondern lediglich
in die Platte graviert werden. Bei diesem Tiefdruckverfahren
wird vor dem eigentlichen Druckvorgang mit einer Walze geschmeidige Druckfarbe
auf die Platte gerollt und dabei in die Vertiefungen gedrückt. Nach
Reinigung der Plattenoberfläche kann die Farbe und damit das gestochene
Bild auf ein angefeuchtetes Blatt Papier übertragen werden.
Simone Verovio war der erste Musikverleger, der den Kupferstich zwischen 1586
und 1608 nach vereinzelten Ausgaben niederländischer Stecher »planmäßig
und über einen längeren Zeitraum hinweg für die Vervielfältigung
musikalischer Werke einsetzte« (Duggan und Beer, 445). Auch
nachdem er schnell Nachahmer im In- und Ausland fand, konnte der Kupferstich
den Typendruck nicht verdrängen. Dies mag auf die höheren handwerklichen
und künstlerischen Anforderungen an die Stecher zurückzuführen
sein, denn im Gegensatz zum Typendruck mußte jede Note manuell mit möglichst
gleichbleibendem Aussehen in die Platte gestochen werden. Als der Typendruck
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