Stempelschneider
Pierre Haultin im Jahre 1525 erstmals Mensuralnotenlettern her, die Noten
und Linien auf einer Type vereinigten. Er legte damit die Grundlage für
den einfachen Notendruck. Pierre Attaingnant gilt als erster Drucker, der
diese neue Variante des Typendrucks in großem Umfang einsetzte. Der
Eindruck durchgezogener Notenlinien entstand bei diesem Verfahren allein durch
die sequentielle Anordnung der Typen. Die Nahtstellen zwischen zwei Notenzeichen
wurde jedoch durch Unregelmäßigkeiten und partielle Unterbrechungen
in der Linienführung sichtbar – ein Mangel, den Petrucci bei seiner
Technik nicht kannte. Aus qualitativer Sicht stellte der einfache Typendruck
somit einen Rückschritt dar. Er löste das aufwendigere Verfahren
des Mehrfachdrucks jedoch aus ökonomischen Gründen in zunehmendem
Maße zugunsten der Massenproduktion ab. Die Entwicklung des kommerziell
orientierten Musikdrucks hielt bis in das 18. Jahrhundert hinein an,
wie Chrysanders Ausführungen eindrücklich zu entnehmen ist:
»Im Grunde sind Petrucci’s Typen die vollendetsten von allen; seine Nachfolger haben diese nicht schöner, sondern nur geschäftsmäßiger und für den Druck bequemer hergestellt. Der Druck selber, sorgfältige Behandlung, Schwärze, Papier u.s.w. wurden immer schlechter, im 17. Jahrhundert zum Theil bis zur Unleserlichkeit. [...] In Deutschland war der Musikdruck zuletzt am schlechtesten gewesen, in Leipzig am allerschlechtesten; und eben von hier ging die Neuerung aus, welche die moderne Art des Musik-Typendrucks begründete.« (Chrysander, 198–199) Die massiven Qualitätseinbußen im 17. Jahrhundert wurde neben der zunehmenden Kommerzialisierung auch durch den allmählichen Wechsel von der Mensuralnotation zur heutigen, orthochronischen Notation3 gesteigert. Die Einführung von flexiblen Balken und Bögen stellten den Typendruck vor eine nahezu unlösbare Aufgabe. Erst 1754 gelang dem Leipziger Musikhändler Johann Gottlob Immanuel Breitkopf die Entwicklung eines aus 452 verschiedenen Typen bestehenden Setzsystems und damit die oben zitierte »Neuerung« des Notentypendrucks. Anders als etwa Haultin, welcher komplette Notenzeichen zusammen mit einem Notensystemsegment auf einer Type vereinigte, zerlegte Breitkopf die Komponenten einer Notenzeile in zahlreiche separate Teile, so daß die zu druckenden Noten aus kleinsten Elementen mosaikartig zusammengesetzt werden konnten. Die große Anzahl der Typen läßt die Schwierigkeiten erahnen, welche die neuen graphischen Elemente und die zweidimensionale Ausrichtung der Noten bei mehrstimmigen Partituren bereitete. Die Gründe dafür lagen in der mangelnden Flexibilität |