- 340 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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also nicht, daß das Trainieren des Gedächtnisses bis in das späte Mittelalter zu den wesentlichen Aufgaben der Schüler gehörte und viele Zeitgenossen diese Fähigkeit wie schon in der Antike durch die Einführung der häufig als Gottesgeschenk gepriesenen Schrift gefährdet sah (Giesecke, 79), denn »das [Auswendig-]Lernen forderte Herz und Sinne des Schülers mehr noch als seine Ausdauer und seinen Verstand heraus.« (Fleischmann-Heck, 146)

Die Gründung der ersten Universitäten und die damit verbundene zunehmende breitere Nachfrage nach Büchern führte schließlich zu dem Beruf des kommerziellen Abschreibers. Anders als die Geistlichen in ihren Klöstern bemühten sich nun ganze Schreibstuben um eine rasche, weniger kunstvolle Vervielfältigung des vorliegenden Originals. Dazu wurden die Bücher üblicherweise von den Bibliothekaren in wenige numerierte Seiten – die sogenannten pecien – zerlegt, welche auf diese Weise gezielt von mehreren Lohnschreibern kopiert werden konnten (vgl. ebd., 155). Doch nicht nur im weltlichen Alltag gewannen Bücher zunehmend an Bedeutung. Auch die Nachfrage der Kirche nach kleineren, handlichen Meß- und Gesangbüchern stieg, angeregt von der allgemein wachsenden Buchproduktion, stetig an.

2 Die Inkunabelzeit – Drucken im fünfzehnten Jahrhundert

Aus dieser Situation heraus entstanden die ersten Versuche, den Vervielfältigungsprozeß kürzerer Texte mittels Holztafeldruck, der Xylographie , zu beschleunigen. In aufwendiger Feinarbeit wurden die Wörter einer Seite aus einer Lindenholztafel herausgeschält. Mit der resultierenden »Druckplatte« konnte nun eine große Zahl identischer Seiten gestempelt werden. Der Nachteil war jedoch offenkundig: Für umfangreichere Bücher eignete sich diese Technik nicht, da der erforderliche Aufwand in keinem günstigen Verhältnis zum erzielten Resultat stand. Fehler in der Druckvorlage waren so gut wie nicht zu beheben und erzwangen in aller Regel die vollständige Wiederholung der Arbeit. Die Qualität des unausgewogenen Druckbildes konnte ebenfalls nur schwer mit den handschriftlichen Exemplaren mithalten. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Büchern auf kirchlicher, wissenschaftlicher aber auch privater Seite, die nur noch unbefriedigend durch kommerzielle Abschreiber gedeckt werden konnte, lag der Wunsch nach einer besseren Vervielfältigungsmethode in der Luft. So verwundert es kaum, daß die Erfindung des Mainzer Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg, in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts als eine der kostbarsten Gaben empfunden wurde. Seine Idee, für jeden Buchstaben einzelne Metalltypen anfertigen zu lassen, die in einem Druckstock zu beliebigen Texten zusammengesetzt werden


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