- 328 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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3.2.1 Klangstudie I (1952, 3’50, Band: ELEC–101)
Eimert und Beyer arbeiten hier mit statischen und bewegten Klängen. Es lassen sich einzelne Klänge ausmachen, die punktuell oder flächig ›fest im Raum stehen‹, während andere sich arpeggierend oder glissandoartig fortbewegen. Der Vergleich dieser Studie mit den Bonner Klangexperimenten läßt kaum Parallelen erkennen. Auffällig ist die Verwendung von Klangfarbenkontinui, die man methodisch auch von Meyer-Eppler kennt (vgl. Ungeheuer 1992, 248: Tonbeispiel C 8). Die einzige Ähnlichkeit mit Meyer-Epplers Aufnahmen tritt in 0’39–0’44 auf. Das hier verwandte Rauschen ist dem des Bonner Tonbands D 6 Ton mit Rauschen auf Oktavsieb von 1951 relativ ähnlich. Man muß jedoch bedenken, daß auch Eimert und Beyer wahrscheinlich in der Lage waren, Rauschen zu erzeugen (Rauschgenerator, Meßtechnik). Zu einer Neubewertung der Klangstudie I kommt es jedoch durch Herbert Eimerts Einführung in die elektronische Musik (1963), in der er seine frühesten Kompositionen von 1952/53 erläutert, ohne aber deren Werktitel zu nennen. Dort stellt er zunächst ein Musikbeispiel vor, in dem er nach eigener Aussage Meyer-Epplers Klangmodelle weiterverarbeitet hatte. Darauf folgt ein zweites Beispiel, das Eimert als seine ersten selbstproduzierten Klänge bezeichnet (vgl. Eimert 1963). Vergleicht man nun die beiden Aufnahmen mit der Klangstudie I, so zeigen sich überraschende Parallelen, denn beide Musikbeispiele aus Eimerts Einführung stammen aus dieser frühen Komposition von 1953! Findet man den glockenähnlichen Klang des ersten Beispiels in vier Passagen der Klangstudie I (0’06, 0’16–0’19, 2’36, 2’42–2’44), so kann man das zweite Beispiel in großen Teilen des restlichen Stückes zweifelsfrei identifizieren (z.B. 2’14–2’28). Meyer-Epplers Experimente, so kann man letztlich schlußfolgern, sind – trotz eines großen Anteils an in Köln hergestellten Klängen – mit Sicherheit in die Klangstudie I eingeflossen.
3.2.2 Klangstudie II (1952, 4’30, Band: ELEC–102)
Dieses Werk wird durch Glissandi dominiert, die Heinrich Schütz als »Wasserklänge« bezeichnete (zit. n. Morawska-Büngeler, 41). Sie wurden durch Iteration von glissandierenden Schwebungssummer-Sinustönen gewonnen (vgl. ebd.), die man weder durch Elena Ungeheuers Dokumentation noch durch Eimerts Einführung (1963) Meyer-Eppler zurechnen kann. Zudem gibt es Klangphänomene, die man in ihrer spezifischen Gestalt bei Meyer-Eppler nicht nachweisen kann, die aber dennoch an ein Melochord erinnern. Gleich zu Beginn der Klangstudie II (0’01) sind mehrfach orgelähnliche Töne zu hören, die möglicherweise auf einem Melochord gespielt wurden. 2
2 Wegen der glissandoartigen Tonhöhengestaltung wäre auch ein Trautonium denkbar. Im Gegensatz zum Melochord, das mit einer Tastatur bedient wird, verfügt das Trautonium nämlich über ein gespanntes Metallband als Spielmanual, das durch Fingerkontakt fließende Tonhöhenmodulationen erlaubt (vgl. Ungeheuer 1995, 1742).
Unstrittig scheint hingegen, daß das aufsteigende Baßintervall in 4’19 von einem

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