3.2.1
Klangstudie I (1952, 3’50, Band: ELEC–101)
Eimert und Beyer arbeiten hier mit statischen und bewegten Klängen.
Es lassen sich einzelne Klänge ausmachen, die punktuell oder flächig
›fest im Raum stehen‹, während andere sich arpeggierend oder glissandoartig
fortbewegen. Der Vergleich dieser Studie mit den Bonner Klangexperimenten
läßt kaum Parallelen erkennen. Auffällig ist die Verwendung
von Klangfarbenkontinui, die man methodisch auch von Meyer-Eppler kennt (vgl.
Ungeheuer 1992, 248: Tonbeispiel C 8). Die einzige Ähnlichkeit mit Meyer-Epplers
Aufnahmen tritt in 0’39–0’44 auf. Das hier verwandte Rauschen ist dem des
Bonner Tonbands D 6 Ton mit Rauschen
auf Oktavsieb von 1951 relativ ähnlich. Man muß jedoch
bedenken, daß auch Eimert und Beyer wahrscheinlich in der Lage waren,
Rauschen zu erzeugen (Rauschgenerator, Meßtechnik). Zu einer Neubewertung
der Klangstudie I kommt es jedoch durch Herbert
Eimerts Einführung in die
elektronische Musik (1963), in der er seine frühesten Kompositionen
von 1952/53 erläutert, ohne aber deren Werktitel zu nennen. Dort stellt
er zunächst ein Musikbeispiel vor, in dem er nach eigener Aussage Meyer-Epplers
Klangmodelle weiterverarbeitet hatte. Darauf folgt ein zweites Beispiel,
das Eimert als seine ersten selbstproduzierten Klänge bezeichnet (vgl.
Eimert 1963). Vergleicht man nun die beiden Aufnahmen mit der
Klangstudie I, so zeigen sich überraschende
Parallelen, denn beide Musikbeispiele aus Eimerts
Einführung stammen aus dieser frühen Komposition von 1953!
Findet man den glockenähnlichen Klang des ersten Beispiels in vier Passagen
der Klangstudie I (0’06, 0’16–0’19, 2’36,
2’42–2’44), so kann man das zweite Beispiel in großen Teilen des restlichen
Stückes zweifelsfrei identifizieren (z.B. 2’14–2’28). Meyer-Epplers
Experimente, so kann man letztlich schlußfolgern, sind – trotz eines
großen Anteils an in Köln hergestellten Klängen – mit Sicherheit
in die Klangstudie I eingeflossen.
3.2.2
Klangstudie II (1952, 4’30, Band: ELEC–102)
Dieses Werk wird durch Glissandi dominiert, die Heinrich Schütz als
»Wasserklänge« bezeichnete (zit. n. Morawska-Büngeler,
41). Sie wurden durch Iteration von glissandierenden Schwebungssummer-Sinustönen
gewonnen (vgl. ebd.), die man weder durch Elena Ungeheuers Dokumentation
noch durch Eimerts Einführung (1963)
Meyer-Eppler zurechnen kann. Zudem gibt es Klangphänomene, die man in
ihrer spezifischen Gestalt bei Meyer-Eppler nicht nachweisen kann, die aber
dennoch an ein Melochord erinnern. Gleich zu Beginn der
Klangstudie II (0’01) sind mehrfach orgelähnliche Töne zu
hören, die möglicherweise auf einem Melochord gespielt wurden.
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Wegen der glissandoartigen Tonhöhengestaltung wäre auch
ein Trautonium denkbar. Im Gegensatz zum Melochord, das mit einer Tastatur
bedient wird, verfügt das Trautonium nämlich über ein gespanntes
Metallband als Spielmanual, das durch Fingerkontakt fließende Tonhöhenmodulationen
erlaubt (vgl. Ungeheuer 1995, 1742). |
Unstrittig scheint hingegen, daß das aufsteigende Baßintervall
in 4’19 von einem
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