- 325 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Ein Indiz dafür, daß Meyer-Epplers Klangexperimente auch noch in der zweiten Jahreshälfte von 1952 für die beiden Komponisten eine Rolle spielten, sind Priebergs und Ungeheuers Ausführungen über das Spiel für Melochord – von dem übrigens Pierre Boulez spätestens im Herbst 1952 Kenntnis nahm (vgl. Ungeheuer 1996, 78). Entscheidend ist nun, daß Prieberg dieses Stück chronologisch den Klangstudien zuordnet, die demnach zusammen aus der Zeit nach der kompositorischen Wende (Sommer 1952) stammen (vgl. Prieberg, 58)! Ungeheuer will zudem über das Stück wissen (das es auf Tonträger beim WDR nicht mehr gibt!), daß es »fast ausschließlich auf Klangmodellen von Meyer-Eppler aufbaut« (Ebd., 78). Diese These stellt die Angaben von Humpert und Ungeheuer bzw. Eimert und Beyer, demnach in Köln bereits 1952 ein eigenes Melochord zur Verfügung stand bzw. nach dem Sommer 1952 die Bonner Klänge keine Rolle mehr spielten, in Frage.

In der Tat muß Spiel für Melochord wahrscheinlich auf die zweite Jahreshälfte von 1952 datiert werden, da es – folgt man Ungeheuer – bei aller Dominanz von Spielinstrumentenklängen wahrscheinlich in geringen Anteilen eigenproduzierte Klänge aus Köln enthielt. Doch weder in der primären noch in der sekundären Literatur (außer bei Beyer) findet sich ein Hinweis darauf, daß in Köln die Herstellung eigener Klänge vor dem Sommer 1952 begann! Nimmt man zudem Kaegis Analyse der frühen Kölner Experimente in den Blick, die von einer Dominanz von Sinustönen gegenüber Klängen von Spielinstrumenten ausgeht, wäre die Hypothese denkbar, daß sich in Köln die kompositorische Tendenz zur Eigenproduktion von Klangmaterial vom Sommer 1952 an kontinuierlich fortentwickelte. D.h., daß die eigenständige Sinustonproduktion erst allmählich einsetzte und sich zusehends steigerte. Das Spiel für Melochord stünde dann möglicherweise am Anfang dieser Entwicklung und enthielt, sofern das bestellte Melochord erst später eintrief, viel von Meyer-Eppler und noch wenig Eigenes von Beyer und Eimert. Dieses proportionale Verhältnis veränderte sich bei den nachfolgenden Werken zwar – eine Weiterverwendung der Bonner Klänge bis Ende 1952/Anfang 1953 – gerade hinsichtlich der zeitlichen Nähe zum Spiel für Melochord – wäre aber ebenfalls denkbar.

Letztendlich läßt sich die Frage nach der Datierung und Herstellung der Stücke aus den Jahren 1952/53 anhand der Literatur nicht eindeutig beantworten. Nach der Analyse der Primär- und Sekundärliteratur scheint es möglich, daß in den erhaltenen Frühwerken von Eimert/Beyer Klänge von Meyer-Eppler verwandt wurden. Die Verwendung dieses Materials in den Werken ab Sommer 1952 wäre insofern bedeutend, als es sich bei diesen Stücken nach Aussage der Komponisten zwar um ein ›experimentelles Stadium‹ (vgl. Eimert 1953, 1) des Komponierens, aber doch um erste ›Kompositionen‹


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