Schüler so geschätzten
Finale die virtuose Beherrschung von Kontrapunkt und Fuge zusätzlich
mit symphonischen Durchführungstechniken verbunden hat. Da Blacher die
Fuge somit, wie Gervink22
22
Manuel Gervink, Die Symphonie in Deutschland
und Österreich in der Zeit zwischen
den beiden Weltkriegen ( = Kölner Beiträge zur Musikforschung,
Bd. 140), Regensburg 1984, 189. |
in seiner Analyse des Werks nachgewiesen hat, gewissermaßen »symphonisierte«,
indem er zwei kompositorische Verfahrensweisen zum Zweck größerer
Dichte miteinander verschränkte, kann in Anlehnung an Zofia Lissa von
einer »Hybridisierung der Form« gesprochen werden.23
23
Stephan, in: Hopf/Sonntag, a.a.O., 37. |
Die auf Ökonomie
bzw. sparsame Verwendung des musikalischen Materials basierende strukturelle
Dichte ist als ein signifikantes Merkmal von Blachers unpathetischer, betont
rhythmischer Musik in der Literatur immer wieder mit dem, eigentlich auf
die Werke Erik Saties gemünzten Begriff »style dépouillé«
gefaßt worden. Verbunden mit orchestraler Transparenz beeindruckte
diese auf Einfachheit und Konzentration zielende Ästhetik Blachers auch
nachhaltig seinen Kompositionsschüler von Einem,24
24
Gottfried [von] Einem, Mein Lehrer Boris
Blacher, in: Österreichische Musikzeitschrift 5. Jg. (1950),
Heft 7/8, 149. |
der dazu begeistert schrieb: »Blachers Partituren sind ein ästhetischer
Genuß. Sein Orchesterklang ist farbig, ohne je dick zu wirken. Alle
Konturen sind scharf gezeichnet. Blacher sagte mir oft: ›Instrumentieren
Sie so, daß auch das letzte Provinzorchester Ihre Partitur realisieren
kann.‹ Er pflegt oft Rimskij Korssakows Ausspruch zu zitieren, daß
gute Instrumentation in guter Stimmführung bestünde.«
Hinter Blachers Auffassung,
wonach der strenge Satz als »die beste Schule in der polyphonen Denkweise«
keineswegs überholt sei, stand letztlich die Absicht, die »Entwicklung
des Personalstils« seiner Schüler zu fördern.25
25
Boris Blacher, Einführung in den strengen
Satz, Berlin 1953, 5. |
Gemäß dieser
Intention antwortete Blacher in einem Interview auf die Frage, ob er »ein
guter oder kein guter Kompositionslehrer« geworden sei, mit folgender
Selbsteinschätzung, in der auch seine Forderungen an den Schüler
zu Tage treten:
»Ich denke ein guter, weil ich in manchen Dingen auch unsicher bin.
Ich will auch keine Autorität sein. Wenn
ein Schüler mit einem Stil kommt,
der mir nicht ganz vertraut ist, dann lerne ich zuerst bei ihm –
nur ich lerne schneller. Selbstverständlich
muß man die traditionellen Dinge,
auf die man manchmal mit Verachtung blickt, beherrschen. Sie
sind sehr gesund
und im Grunde so einfach – wer in einem halben Jahr
das Komponieren im strengen Satz nicht lernt, soll das Komponieren
gleich ganz sein lassen.«
(Lewinski, 216.)
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