man aus den Erinnerungen von Einems die Namen und Werke jener
Komponisten zusammen, denen sich Blacher und sein Schüler im Unterricht
gewidmet haben, so dominierte neben dem barocken und klassisch-romantischen
Repertoire die von den Nationalsozialisten verpönte Jazz-Musik sowie
Werke von Schönberg, Strawinsky, Prokofieff, Hindemith, Bártok,
Milhaud.
Die musikalischen Eindrücke
des Unterrichts waren für den Schüler neuartig, da im bisherigen
musikalischen Lebenslauf von Einems die genannten zeitgenössischen Komponisten,
abgesehen von Hindemith, eine eher untergeordnete bis bedeutungslose Rolle
gespielt hatten, denn, so erinnert sich Blacher18
18
Zit. nach Hartmut Lück, Herr Schnimpsti
räsoniert, in: Neue Musikzeitung 20. Jg. (1971), Nr. 4, 3.
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an sein erstes Zusammentreffen mit dem seinerzeit 23-jährigen von Einem:
»In meinen Unterricht kam ein junger Mann, der hatte den Kopf voller
Wagner.«
Der Unterricht Blachers
dürfte somit sehr anregend gewesen sein, zumal die von der Romantik
geprägte musikalische Vorstellungswelt von Einems samt Wagner-Begeisterung
der aus den 20er Jahren resultierenden, entschieden unromantischen Ästhetik
Blachers kraß gegenüberstand. Daß von Einem bei Blacher
zudem Instrumentation nach Rimskij-Korssakows Anleitung
Grundlagen der Orchestration arbeitete19,
19
Vgl. Rudolf Stephan, Über die Musik
zur Zeit des jungen Gottfried von Einem.
Gedanken zur Musik der vierziger Jahre, in: Helmuth Hopf/Brunhilde
Sonntag (Hrsg.), Gottfried von Einem – Ein Komponist
unseres Jahrhunderts, Münster 1989, 32. |
zeigt deutlich, wie sehr Blacher, sicherlich aufgrund eigener Studienerfahrungen,
es für Wert erachtete, seinem Schüler die russische Musiktheorie
nahezubringen. Wie Rudolf Stephan aufgezeigt hat, lassen sich anhand Blachers
1953 publizierten musiktheoretischen Lehrwerk Einführung
in den strengen Satz auch Bezüge
zu Serge Tanejews »mobilem Kontrapunkt« vermuten sowie eine Nähe
zu jenen Reformbestrebungen nachweisen, die sich auf das 1917 erschienene
Buch Ernst Kurths Der lineare Kontrapunkt beriefen.
20
Als ein Akt der Befreiung aus den Fesseln klassisch-romantischer Schemata
empfunden, stiftete die von Kurth am Beispiel Bachs hervorgehobene Bedeutung
der melodischen Polyphonie, verstanden als energetisches Kraftfeld frei
sich entfaltender Linien und der damit verbundenen Tonhöhenordnung (Verwendung
von Kirchentonarten) für die seinerzeit junge Komponistengeneration
(Hindemith, J. N. David, Fortner u.a.) einen sinnfälligen Zusammenhang
von Alter und Neuer Musik.21
21
vgl. Rudolf Stephan, Die ästhetische
Gegenwart der alten Musik, in: Funkkolleg
Musikgeschichte (Studienbegleitbrief 1), Weinheim/Basel/Mainz 1987,
129. |
Beispielhaft für
diese Synthese aus Alt und Neu kann die von Gottfried so bewunderte Symphonie
gelten, da der Komponist in dem von seinem
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