- 301 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Zwölftontechnik fand hingegen kaum Niederschlag in der Literatur. Allerdings hätte dies im Rahmen eines Rückgriffs – so wie das auch z.B. bei der Sonatenform in der Akkordeonliteratur der Fall war – in den fünfziger Jahren, einer Phase der Stagnation, geschehen können.

Wie schwierig die Etablierung Neuer Musik für Akkordeon im Konzertsaal war, zeigt sich auch in einer dem Instrument gegenüber vermeintlich aufgeschlossenen Zeit der 50er und 60er Jahre. Eine Spezialisierung auf die Darbietung lediglich zeitgenössischer Musik war selbst zu dem Zeitpunkt nicht unbedingt möglich, wollte man den Konzertsaal mit Publikum gefüllt wissen. Auch Rudolf Würthner mußte in seinen Orchesterkonzerten den Spagat zwischen der Einführung neuer Werke und einem vollen Konzertsaal überwinden. Wie die Dokumentation Eschenbachers (vgl. Eschenbacher 1984) zeigt, wurden nur dem heimischen Publikum der Trossinger Musiktage mehrere Uraufführungen dargeboten. Bei Auslandsreisen gestaltete sich das Programm überwiegend aus Bearbeitungen, die in langsamen Übergängen das Publikum auf zeitgenössische Musik vorbereiten und hinterher wieder ›versöhnen‹ sollten. Was Eschenbacher hier für das Akkordeonorchester festhält, gilt bis heute ebenso für viele Solistenkonzerte.

Nach dem urknallartigen Einbruch der Moderne in die Akkordeonliteratur der sechziger Jahre bedachten auch Komponisten wie z.B. Mauricio Kagel oder Sofia Gubaidulina, um nur zwei der vielen bekannteren Komponisten (vgl. auch Bibliographie im Anhang) zu nennen, das Akkordeon mit Solo- oder Kammermusikliteratur, was meist auf Anregung einiger Akkordeonisten geschah. Letzteres gilt aber auch für die vorherige Literaturgeschichte des Akkordeons. Als Inspiranten wären hier z.B. Teodoro Anzellotti, Mogens Ellegaard, Hugo Noth und Mie Miki zu nennen, die dafür sorgten, daß Komponisten, die in der Szene der Neuen Musik bekannt und anerkannt sind, die Akkordeonliteratur mit Werken bereicherten. So schrieb z.B. Mauricio Kagel mehrere Werke, in denen das Akkordeon bzw. das Bandoneon Verwendung finden, z.B. Pandorasbox (Bandoneon), Aus ZungenStimmen (Akkordeonquintett) oder Episoden, Figuren , das von Teodoro Anzellotti 1994 bei den Wittener Tagen für Neue Kammermusik uraufgeführt wurde. Letzteres Werk zeigt sehr deutlich das Spannungsverhältnis zwischen tonalen und seriellen Strukturmomenten.

Trotz der Blütezeit der Literaturentwicklung und der allgemeinen Beliebtheit des Akkordeons in den 60er Jahren scheint sich das Instrument erst seit den 80er Jahren in der Szene der Neuen Musik etwas stärker zu etablieren. So ist es inzwischen an verschiedenen renommierten Festivals beteiligt, z.B. dem Schleswig-Holstein-Musikfestival, 52. Arbeitstagung Darmstadt, Ferienkurse Darmstadt 1981, Festival Archipel-Genève, Musik-Biennale Berlin, Triennale Köln 1996, Festival Neue Musik Stuttgart 1999 – ECLAT,


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