- 29 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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sodann auch in Bayreuth die Affinität zum Opernschaffen, wie zu damals renommierten Komponisten: Carl Orff und Werner Egk, beide in die Mühlen der braunen Kunstdoktrinen involviert, erwiesen sich als einflußreiche Förderer ebenso wie in Widerstandszellen aktive Künstler, die der wendige von Einem tatkräftig unterstützte. Er selbst war wegen angeblichen Landesverrats kurzzeitg von der Gestapo inhaftiert worden, die ersten Orchesterwerke, wie das jazzige, zeitweilig in Verruf geratene Concerto op. 4, sollten dennoch teils umjubelte Uraufführungen mit angesehenen Interpreten wie Elmendorff oder Karajan erleben.17

17 Vgl. Thomas Eickhoff, Politische Dimensionen einer Komponisten-Biographie im 20. Jahrhundert – Gottfried von Einem ( Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft, Bd. XLIII, hrsg. v. Hans Heinrich Eggebrecht), Stuttgart 1998, 17–38.

Während des Krieges nahm das aufmerksame Verfolgen des politischen Tagesgeschehens in Blachers Unterricht, obwohl nicht ungefährlich, offensichtlich einen selbstverständlichen Platz ein, so daß von Einem in der Obhut des Lehrers mit dessen politischem Bewußtsein nicht nur vertraut gewesen sein dürfte, sondern seine politisch opponierende Haltung auch aufgrund eigener einschlägiger Erfahrungen z.B. mit der Gestapo geteilt haben mag. Entsprechend gab Gottfried von Einem auf die Frage, ob der Unterricht bei Boris Blacher »rein musikalischer Natur« war oder auch etwas »von diesem Botschaftsbewusstsein« eines Komponisten mitgetragen habe, folgende Antwort:

»Ich weiß nicht, ›Botschaft‹ würde ich ungern annehmen. Aber er hat in jedem Fall beigetragen, daß ich etwas schärfer nachgedacht habe über das, was geschieht. Denn daß ich nach einer Verhaftung durch die Gestapo die Zeit nicht so liebevoll betrachtete, war ja klar, das wußte Blacher. Blacher war jemand, der überhaupt sehr, sehr scharf über die Zeit nachgedacht hat.«  (Gespräch Gottfried von Einem – Manfred Wagner (24. März 1993) – Typoskript im Besitz des Verfassers.)

Gerade im Hinblick auf seine pädagogische Tätigkeit waren für Blacher die Erfahrungen als Kompositionslehrer eng mit letztlich politisch motivierten und infolge gegen ihn gerichteten Maßnahmen verbunden: So hatte ihm der Dresdner Operndirektor Karl Böhm 1938 nach dem Erfolg der Concertanten Musik einen Lehrauftrag für Komposition am Landeskonservatorium in Dresden verschafft, den Blacher bereits 1939 aufgeben mußte, da er seinen Schülern die von den Nationalsozialisten geächteten Komponisten, wie z.B. Paul Hindemith und Darius Milhaud nähergebrachte hatte. Hingegen war Blacher im Privatunterricht nicht in dem Maße wie am Konservatorium obrigkeitlichen Zwängen unterworfen, so daß er mit von Einem den in Dresden eingeschlagenen Weg der Kompositionslehre unerschrocken weiterging. Trägt


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