progressiv, weil z.T. dissonant,
abgelehnt, von der musikalischen Fachwelt gleichzeitig aber als zu reaktionär
angesehen, da es sowohl kompositorisch als auch instrumententechnisch nicht
in die aktuelle Musikgeschichte zu integrieren war. Gleichzeitig nahm man
Herrmann »das scheinbare Abgleiten in künstlerisch nicht mehr vertretbare
Bereiche« übel und sah es »als bedauerliches Aufgeben des
von ihm bisher Erreichten« (Fett 1957, 32). Hintergrund für
die Entstehung der Komposition ist die Bitte Ernst Hohners von 1926, Paul
Hindemith möge eine Originalmusik für Akkordeon schreiben. Hindemith
lehnte jedoch aus Zeitgründen ab und empfahl Hugo Herrmann, den er durch
die Aufführung der Marienminne (drei
fünfstimmige Madrigale nach Texten aus dem 13. Jahrhundert) in Donaueschingen
1926 kennengelernt hatte (vgl. Fett 1957, 31).
Hindemiths Kammermusik Nr. 1 mit Finale von 1921 für zwölf Solo-Instrumente op. 24,1, ursprünglich für »Streicher, Klavier, Harmonium, Flöte, Klarinette, Fagott, Trompete und viel kleines Schlagzeug« (Rexroth, 103, vgl. auch Strobel, 24) geschrieben, existiert auch in einer Fassung mit Akkordeon anstelle des Harmoniums. (Laut der Dokumentation Häuslers im Anhang seines Buches ist die Kammermusik am Montag, den 31.7.1922 in der Besetzung für »Fl, Klar, Fag, Trp, Schlgz, Kl, Harm [!], StrQuintett« uraufgeführt worden (Häusler, 425). Die Dokumentation zeigt fernerhin, daß das Werk am 17.10.1964 im Rahmen eines Orchesterkonzertes noch einmal in Donaueschingen aufgeführt worden ist.) Außer in der Kammermusik Nr. 1 wurde das Akkordeon in Alban Bergs Wozzeck aufgenommen, den er zwischen 1914 und 1921 komponierte. Uraufgeführt wurde er 1925. Schaut man sich allerdings die Verwendung des Akkordeons an, so erkennt man die üblichen Klischeevorstellungen wieder: Es dient der Bühnenmusik im Rahmen der Wirtshausszene (!) (Akt II, Bild 4); gespielt wird ein Ländler. Insofern trägt dieses Werk – entgegen der Darstellung Eschenbachers (vgl. Eschenbacher 1991, 462f) – nicht gerade zu einer Imageveränderung des Akkordeons bei. Daß dies von Berg auch nicht so beabsichtigt war, belegt eine Untersuchung Peter Petersens, der in dieser Wirtshausszene den Kontrast zum Abschluß der vorhergehenden Szene sieht, »in dem der Übergang vom hohen zum niederen Stil regelrecht auskomponiert ist. [...] Die von Berg dazu erfundene Musik kommt dem sprachlichen und inhaltlichen Niveauunterschied der beiden Szenen nach: einerseits (zu dem Konflikt zwischen Marie und Wozzeck) eine avancierte Tonsprache [...]; andererseits eine in Rhythmik, Artikulation und Instrumentarium volkstümlich kolorierte Tanzmusik.« (Petersen, 433ff), die auf die beim Heurigen gespielte Schrammelmusik verweist. Herrmann selbst brachte sein Einsatz für das Akkordeon auch innerhalb seiner Komponistenkollegen Kritik ein, da es als unrühmlich galt, sich für ein stigmatisiertes Instrument einzusetzen. Künstlerische Qualitäten wurden |