- 280 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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1950 wird das Gut Holzdorf von der sowjetischen Militäradministration geräumt. Obwohl von der Ministerin für Volksbildung, Frau Dr. Torhorst, am 7.9.1950 verfügt wird, dass der Flügel Regers in das Reger-Archiv in Meiningen überführt werden soll, kommt er im Oktober 1950 in die Musikhochschule in Weimar, nach deren Angaben das Instrument tadellos und fabrikneu ist. Dort soll er schließlich am 24.10.1950 von Ottomar Güntzel abgeholt werden, doch einen Tag vorher erhält er ein Telegramm mit dem Wortlaut: »Abholen Reger-Flügel nicht möglich, da nicht vorhanden.« (Aktenordner ›Reger-Flügel – Korrespondenz‹ im Meininger Archiv.) Ottomar Güntzel fährt jedoch nach Weimar und findet den Reger-Flügel in der Musikhochschule in tadellosem Zustand vor. Der Direktor der Musikhochschule, Ottmar Gerster, versichert zwar, den Flügel dem Reger-Archiv wieder zurückgeben zu wollen, aber erst dann, wenn ein für den Unterrichtsbetrieb notwendiger, entsprechend guter Ersatz beschafft werden könne. Am 3.5.1951 stirbt Elsa, so dass sie den unsäglichen Streit um den letzten Flügel ihres Mannes nicht mehr miterlebt.

Die für Ende 1951 zugesicherte Rückgabe des Instrumentes scheitert erneut. Herr Harnisch, der Instrumentenverwalter der Musikhochschule, teilt Ottomar Güntzel mit, der Flügel stehe zur Zeit im »Heim für den sozialistischen Nachwuchs (Haus zu den Bergen)« in Tabarz ca. 70 km westlich von Weimar. Als Ottomar Güntzel das Instrument zu sehen bekommt, verweigert er den Abtransport unter dem Verdacht, man wolle ihm ein falsches Instrument unterschieben. Er berichtet darüber ausführlich in seinem Brief vom 15. April 1952 an die Firma Ibach. Die Fälschung zu beweisen, schlägt allerdings fehl. Chemische und Röntgenuntersuchungen zur Ermittlung der wahren Produktionsnummer lehnt das Kriminaltechnische Institut in Berlin als technisch zu aufwendig ab.

Zusammen mit Ottomar Güntzel verhandelt nun auch der Meininger Bürgermeister Mogk erneut mit dem Volksbildungsministerium und dem inzwischen neuen Direktor der Musikhochschule in Weimar, Prof. Niggeling. Güntzels Bemühungen um Aufklärung gehen soweit, dass er auch folgende Personen und Institutionen um Hilfe bittet: den Landesbischof Moritz Mitzenheim (der ein Verwandter Güntzels war), den LDPD-Landesverband Thüringen, die Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten in Erfurt, den ehemaligen Weimarer Direktor des Reger-Archivs, Herrn Dittmar, den stellvertretenden Vorsitzenden vom Rat des Bezirkes Erfurt, Herrn Rutsch, und die Staatsanwaltschaften der Bezirke Karl-Marx-Stadt und Erfurt. Auch an die Firma Ibach (damals noch für die DDR im ›imperialistischen‹ Ausland) wendet sich Güntzel, um eine Klärung der Echtheit des Flügels zu bewirken.


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