Prokofjew-Quartetts mit Werken von Sofia
Gubaidulina, Witali Gewiksman und Roman Ledenjow, zugleich aber ein großes
offizielles Gastspiel des sowjetischen Komponistenbandes unter seinem Generalsekretär
Tichon Chrennikow, der bei dieser Gelegenheit sein neues Klavierkonzert eigenhändig
vorzutragen beabsichtigte. Da der sowjetische Komponistenverband und insbesondere
sein Generalsekretär selbst zu entscheiden pflegte, welche sowjetische
Komponisten zum Ruhme des Vaterlands im Ausland aufgeführt werden sollten
und welche nicht, erreichte es Chrennikow – die sowjetische Botschaft in Warschau
mußte dazu bemüht werden, eine Demarche an das Polnische Kulturministerium
zu richten, das dann entsprechende Anordnungen an das Festivalkomitee erließ
–, daß nicht nur die drei mißliebigen Komponisten aus dem Konzert
des Prokofjew-Quartetts verschwanden, sondern auch das Brüsseler Rundfunkorchester
das Orchesterwerk Peinture seines verhaßten
Konkurrenten Edison Denissow ersatzlos von seinem Programm streichen mußte.
Das Warschauer Programmkomitee verweigerte daraufhin seine Unterschrift,
die Verantwortung für dieses so zustandegekommene Programm, und der
Warschauer Herbst 1972 fand nun allein »under the auspices of
the Ministry of Culture« statt, wie man im Programmbuch nachlesen kann.
Die Reisefreiheit aus den westlichen Nachbarländern war auch nur von kurzer Dauer. Sie endete abrupt, als in Polen die Gewerkschaft Solidarnosc Einfluß gewann – da machte die DDR 1980 die Grenze wieder so dicht wie je zuvor, und als dann 1981 seitens der Polnischen Regierung das Kriegsrecht verhängt wurde, um einer andernfalls drohenden sowjetischen Intervention zuvorzukommen, da konnte der Warschauer Herbst 1982 nicht mehr zustandekommen. Luigi Nono, der dafür ein Auftragswerk komponieren sollte, gab dazu im Programmheft der Donaueschinger Musiktage 1982 folgende Erläuterung: »Im Oktober 1981 bat mich die Leitung des Festivals Warschauer Herbst , für das folgende Jahr einen zweiten Diario polacco zu komponieren. Dann kam der 13. Dezember. Von den Freunden, die mich gebeten hatten, erhielt ich keine Nachricht mehr. Die Leitung wurde aufgelöst, das Festival konnte sich nicht halten. Umso mehr wollte ich diesen Diario , dieses Tagebuch , schreiben. Ich widme es den polnischen Freunden und Genossen, die im Exil, im Untergrund, im Gefängnis, an der Arbeit ausharren – hoffend das nicht zu Hoffende, glaubend das nicht zu Glaubende.« Zugrunde liegen in einer Zusammenstellung von Masssimo Cacciari Texte von Czeslaw Milosz, dem exilpolnischen Nobelpreisträger des Jahres 1980, von Endre Ady, von den russischen Symbolisten Alexander Blok und Boris Pasternak und dem russischen Futuristen Welimir Chlebnikow. So heißt es in |