Produktion über jegliche Ware ausgebreitet hat (vgl.
Bunge 1975, 187). Davon also, ob Musiker alle jene Subtilität, Intelligenz,
die sie in den Werken vorfinden, ins blanke Gegenteil verwandeln – Viel-
in Einsträngiges, Zartheit in Brutalität, freundliche Trauer in
trauerklößige Schwermut, Freudigkeit in johlendes Schenkelklopfen,
Transparenz in »pappige« Undurchdringlichkeit. Hat all dies mit
genauem Hinsehen, Hinhören, Wahrnehmen zu tun, so nicht nur, aber auch
dem Komponierten gegenüber – es gehört zur Sache: Und so frage
ich denn doch nach genauer Umsetzung jener Parameter, die sich umsetzen lassen,
also nach genauer Phrasierung, weil in ihr sich artikuliert, ob Musiker zu
deutlicher Klang-Rede fähig sind, nach genauer Wahrnehmung dynamisch-agogischer
Anweisung, weil sich zeigt, ob Differenzierungen, Übergänge, Kontraste
aufgenommen, gelebt oder unter den Tisch gekehrt werden, ob Musiker sich
den »reißendsten Strömungen der Gesellschaft« (Brecht
1948, 1993, 73f.) aussetzen oder sich idyllische Lebensbilder zurecht basteln,
bis das verblümt oder unverblümt Verdrängte sie unerkannt
am Schopfe packt.
Nicht Werktreue geleitet meine Frage, sondern die Befürchtung, daß wir in den Zeiten universell gewordener Entfremdung verlernt haben, deutlich zu sprechen, genau hinzu sehen, hinzuhören, wach zu sein, nachzudenken. Genauigkeit im Umgang mit Musik, Teil übergreifender Genauigkeit, wird nun gerade in freien Eisler-Adaptionen, namentlich in denen von Heiner Goebbels und Hans-Eckehard Wenzel, eher aufzufinden sein als in manchen Konzertdarbietungen, die den Notentext korrekt wiederzugeben versprechen, um ihn geradewegs zu verfehlen. Theodor W. Adorno hat solche Differenzen in seinem Aufsatz »Bach gegen seine Liebhaber verteidigt« thematisiert, Bach-Adaptionen von Schönberg ausdrücklich gegen »schrille und hüstelnde Barockorgeln« (Adorno 1951, 1977, 150), gegen sogenannt historisierende Aufführungen der zwanziger, dreißiger, vierziger Jahre verteidigt. Haben neuere Versuche historischer Interpretation ihn zureichend widerlegt? 3. Sprechen Eislers Verwerfungen ungenauer Aufführungen nicht so sehr Defekte im Wahrnehmen seiner Texte, sondern im Verhalten zur Wirklichkeit an, so fällt sein Urteil über die hochrangigsten Sänger, Instrumentalsolisten und Dirigenten einigermaßen bitter aus. Ihrer Dummheit verdanke sich, daß Schubert zum Unterhaltungsmusiker verkommt, Lieder von Robert Schumann sich in Schmachtfetzen verwandeln (vgl. Bunge 1975, 150). Dies, so füge ich hinzu, kann schwerlich auf romantische Aufführungstraditionen sich berufen; sie nämlich insistieren, anders als jene Aura, die davon sich abziehen ließ und läßt, auf musikalischer Klarheit, Präzision, Intelligenz; Alban Berg hat darüber in seiner Analyse der Träumerei von Schumann hinreichend Auskunft gegeben und Hans Pfitzners Orakel unaussprechlicher, nur dem Glauben zugänglicher Einfachheit zurückgewiesen (vgl. Berg 1975, |