der Zeit, ein Moralist, ein Poet, ein Parodist,
ein Rebell, ›sprachverbuhlt‹ wie Nestroy,
überwirklich wie E.T.A. Hoffmann...«
(Weigel in: Kreisler, Ich weiß nicht, 150)
Die Aussagen der Lieder sind immer noch aktuell. Sie kritisieren auf realistische
Art und Weise gesellschaftliche und politische Mißstände wie das
Desinteresse des einfachen Bürgers an Politik, die Unfähigkeit
von Politikern und Beamten, demokratische Grundgedanken zu vertreten, die
Konsumgesellschaft und den übertriebenen Fortschrittsgedanken, die Umweltverschmutzung
und das Atomkraftproblem.
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Georg Kreisler in den 90er Jahren
Sein Einfallsreichtum scheint unerschöpflich zu sein, so wie auch seine
Motivation und Hoffnung, etwas mit seinen Liedern beim Publikum zu bewirken.
Seine beiden letzten CDs Taubenvergiften für
Fortgeschrittene (1995) und Fürchten
wir das Beste (1997), beide in Zusammenarbeit
mit seiner Frau Barbara Peters entstanden, beweisen dies. Anläßlich
seines 75. Geburtstages nahm Georg Kreisler im Frühjahr 1998 die CD
Die alten bösen Lieder mit einem Querschnitt seines Gesamtwerkes
auf. Mit diesem Programm tourte er 1998 in Deutschland.
Selbst mit 75 Jahren ist er immer noch aktiv, ob auf künstlerischer
oder politisch-gesellschaftskritischer Ebene: Am 1.10.1996 veröffentlichte
unter anderem die Süddeutsche Zeitung einen offenen Brief Kreislers
mit dem Titel Bitte keine Glückwünsche
mehr!, der an den österreichischen Bundespräsidenten und
den Bundeskanzler, den Minister für Kunst und Wissenschaft, als auch
an den Wiener Bürgermeister und die Stadträtin für Kultur
gerichtet war. Dieser Brief ist auch im CD-Heft zur CD
Fürchten wir das Beste abgedruckt. Zum einen möchte Kreisler
keine Geburtstagsglückwünsche zu seinem 75. Geburtstag von den
offiziellen Vertretern der Stadt Wien und dem Land Österreich erhalten,
da er, obwohl in Wien geboren und 1938 unter Lebensgefahr ins Ausland geflüchtet,
1945 seine österreichische Staatsbürgerschaft nicht mehr zurückbekam.
Um sie zu erhalten, müßte er bei Gericht darum ersuchen, was er
nicht beabsichtigt.
Zum anderen stellt er fest, daß die Republik Österreich ihn
als Künstler in seiner 40jährigen Arbeit in Europa noch nie, egal
in welcher Form, unterstützt hat. Meistens wurden seine Beiträge
zu öffentlichen Rundfunk- und Fernsehsendungen zensiert und boykottiert:
»Glücklicherweise hat man mir nie die Chance gegeben, Sehnsucht
nach Österreich zu haben. Ich weiß
– die Künstlerverhinderung hat
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