- 213 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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9 Georg Kreisler in Berlin

Nach der Trennung von seiner Frau Topsy Küppers siedelte Kreisler nach Berlin über und ging mit verschiedenen Soloprogrammen auf Tournee, darunter Autobiographie (1971), Ich weiß nicht, was soll ich bedeuten (1972) und Unheilbar gesund (1975). Seine Lieder waren Ende der 60er Jahre zunehmend von einer Resignation bestimmt, die sich in den 70er Jahren in eine kämpferische Einstellung für Frieden und gegen Restauration und Neonazismus umwandelte. Dabei gab Kreisler keinesfalls sein differenziertes Sprachgefühl und seinen feinen Sinn für Humor und Satire auf. Im Gegenteil, seine Vorletzten Lieder von 1972, darunter Der Kämpfer, Der Furz und Das Kabarett ist tot zeigen sein politisches und gesellschaftskritisches Engagement, ausgedrückt durch geistreiche Wortgewandtheit. Er übte Kritik an der Konsum- und Leistungsgesellschaft, an Umweltverschmutzung und Atomkraftwerken und warnte vor deren Folgen.

Auch das Album Mit dem Rücken gegen die Wand von 1981, das er in Zusammenarbeit mit Barbara Peters herausbrachte, befaßte sich mit den Auswüchsen der Konsumgesellschaft. Mit Liedern wie Die kleinen Männer mit der riesengroßen Macht, Das Begräbnis der Freiheit und Der Staatsbeamte wollte Kreisler auf die Mißstände der Demokratie hinweisen. Er prangerte die Oberflächlichkeit und Gefühlsarmut der Gesellschaft an, die nur auf Äußerlichkeiten wie Beruf, Geld und Macht aus ist.

Neben den Auftritten vor Publikum arbeitete Kreisler weiter für Rundfunk und Fernsehen. Er gab mehrere Textsammlungen mit den Texten seiner rund 600 Lieder heraus.1

1 Sie sind dem Literaturverzeichnis zu entnehmen.
1989 verfaßte er das in diesem Aufsatz mehrfach zitierte Erinnerungsbuch Die alten bösen Lieder, in dem er Interessantes aus seiner damaligen Arbeit als Kabarettist erzählt. Seit über 40 Jahren ist Kreisler in vielfältigster Weise in der Musikbranche tätig und seine Werke sprechen nach wie vor an.

Auf der einen Seite äußert er mit seinem sensiblen Sprachgefühl, das er mit Humor und Melancholie verbindet, anspruchsvolle Tiefsinnigkeit und Emotionen. Auf der anderen Seite machen die witzigen und geistreichen Wortspielereien, die er zum Beispiel beim Max auf der Rax oder beim Bluntschli für seine Nonsenspoesie benutzt, deutlich, wieviel Phantasie und Vorstellungskraft er besitzt und auf den Zuhörer überträgt.

»Er ist nun schon ... längst über den Tageserfolg hinaus zu einem echten, zeitbeständigen Œuvre gelangt, das unverwechselbar seine Handschrift zeigt, aber nicht zur Manier entartet. Er ist ein Bursche von unendlichem Humor und tiefer Melancholie, bedrängt vom Gewissen


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