- 212 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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verschiedensten Engagements bei Rundfunk und Fernsehen, aber auch der Verkauf seiner Platten bewiesen es.

Die folgenden 60er Jahre waren für Kreisler sehr produktiv und erfolgreich. Er nahm mehr als zwanzig Langspielplatten auf, schrieb dazu mehrere Bücher mit Liedertexten und Sketchen und machte mit seiner Frau Topsy Küppers mit den Programmen Zwei alte Tanten tanzen Tango (1961), Lieder für Fortgeschrittene (1967) und anderen Tourneen durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Als eine der wichtigen Stationen seiner Entwicklung als Kabarettist und Chansonschreiber gelten die Aufnahmen ›Nichtarische‹ Arien von 1966. Kreisler sang mit jiddisch-böhmischem Akzent über die alltäglichen Probleme der jüdischen Bevölkerung und stellte typische Verhaltensweisen, Angewohnheiten und Lebensart der Juden mit sanfter Ironie und Witz dar wie zum Beispiel in Ich fühl mich nicht zu Hause, Der Beschluß und Der Kompagnon.

Die Resonanz auf diese Aufnahmen waren unterschiedlich. Im Jahr 1965 erzählt er einem Interviewer, daß er im Moment jüdische Lieder schriebe. Kreisler wurde erstaunt gefragt, ob man das jetzt wieder darf (vgl. Kreisler, Everblacks). Eine Frage, die für sich spricht und keiner Antwort oder weiteren Erklärung bedarf.

Die Aufnahmen zu der Langspielplatte Der Tod, das muß ein Wiener sein von 1969, die in Zusammenarbeit mit Topsy Küppers entstanden, zählen ebenfalls zu den bedeutendsten und aussagekräftigsten Liedern von Georg Kreisler. Er versucht mit dieser Liedreihe sein Verhältnis zu seiner Geburtsstadt darzustellen. In einem persönlichen Briefaustausch mit der Verfasserin stellte er zu diesem Thema fest:

»Ich bin in Wien geboren, kam aber mit 16 Jahren nach Amerika und blieb 17 Jahre lang. Meine ersten schriftlichen Versuche waren in englischer Sprache. Als ich mit 33 Jahren nach Wien zurückkehrte, ergab sich eine ungewöhnliche Beziehung sowohl zur Wiener Mentalität wie auch zur deutschen Sprache überhaupt. Daher habe ich in den 50er und 60er Jahren verhältnismäßig viele Wiener Lieder geschrieben.«  (Brief an Marion Seidel)

Kreisler schrieb über die Wiener Mentalität, das kleinbürgerlich-spießige Verhalten (Ewiges Wien), die verkitschte Heurigen-Seeligkeit (Nur in Wien), das Festhalten an alten Werten und Normvorstellungen, selbst wenn sie überholt sind ( Wo sind die Zeiten dahin?) und das Desinteresse und die Ignoranz des Wiener Durchschnittsbürgers gegenüber Politik und Gesellschaft (Der Schlager, Was ein Mensch alles schlucken kann).

Ein weiterer Erfolg war das Theaterstück von Kreisler und Topsy Küppers Heute Abend – Lola Blau, das 1971 im Wiener Theater im Konzerthaus Premiere hatte und auch heute noch nachgespielt wird.


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