an Heimatdichtern, Volkskomponisten und der aufkommenden
Schlagerindustrie übten, welche »dem Volk nicht zutrauen, Kunst
selbst erkennen und genießen zu können.« (Kreisler,
Erinnerungsbuch, 58)
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Kabarett im Radio: Zwischen den Zeilen
Neben den Auftritten in der ›Marietta Bar‹ arbeitete Kreisler zusammen mit
Wehle und Bronner in der wöchentlichen Radiosendung
Zwischen den Zeilen. Es sollten innerhalb von 15 Minuten Chansons
gespielt werden, die sich auf das aktuelle gesellschaftliche und politische
Geschehen bezogen. Kreisler beschreibt die Arbeit beim Rundfunk:
»Es herrschte eine sehr lustige und kollegiale Atmosphäre.
Jeder besserte die Lieder der anderen
aus, wir überließen einander neidlos
die besten Witze, halfen einander beim Komponieren, kurz, es gab
keinerlei Rivalität, aber dafür viel
Freude und Gelächter.« (Kreisler,
Erinnerungsbuch, 66)
Die Lieder, die im Radio gesendet wurden, sollten möglichst anspruchslos
sein und keine Kritik und Schärfe enthalten, sonst wurden sie sofort
aus dem Programm gestrichen. Der Österreichische Rundfunk verbot die
Kritik an bestehenden Mißständen, und so waren harmlose Themen
gefragt, was Kreisler immer öfter zu spüren bekam. Er konnte sich
nicht mehr frei entfalten, denn seine Arbeitsweise widersprach seiner ursprünglichen
Überzeugung, daß ein Kabarettist in der heutigen Gesellschaft
kritisieren und aufklären muß.
Die Arbeit für den Rundfunk wurde für Kreisler schließlich
immer unerträglicher. Er konnte sich nicht mehr mit den »Blödelliedern,
die sich ›kabarettistisch‹ nannten« (Kreisler, Erinnerungsbuch,
83) identifizieren. Hinzu kamen Streitereien und Auseinandersetzungen mit
seinen Kollegen, die seine kritische Haltung nicht verstehen wollten. Immer
wieder stand das Thema ›Patriotismus‹ im Mittelpunkt der Diskussionen. Kreisler
bezog dazu eindeutig Stellung: »Daß ich Österreich näherstehe
als jedem anderen Land, kann mich nicht davon abhalten, die Verhältnisse
in Österreich zu kritisieren, eher im Gegenteil.« (Kreisler,
Erinnerungsbuch, 94) Diese Einstellung zu seiner Geburtsstadt Wien zeigte
Georg Kreisler auch durch die vielen Wiener Lieder, die er später schrieb.
Kreisler wollte literarisches und politisches Kabarett machen und nicht durch
die bloße Aufheiterung des Publikums Geld verdienen wie seine Kollegen.
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