- 199 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Übernahme des politisch vorgegebenen Führerprinzips im Organisationsaufbau des DSB verdeutlichen. Aus der Fülle von Artikeln in der Deutschen Sängerbundeszeitung zu diesem Themenbereich wird ersichtlich, daß die Einführung des Führerprinzips auf starke Gegenwehr bei den Mitgliedern stieß. Viele Vereine fühlten sich ihrer eigenen Identität beraubt und setzten sich gegen die angeordneten Zusammenlegungen zur Wehr. So läßt sich z.B. an Joseph Schmidts beschwichtigendem Aufsatz der Unmut über diese Umstrukturierung erkennen, in dem die neue Organisationsform als fortschrittlich dargestellt wird:

»Das Führerprinzip ist richtungsgebend im politischen und gesellschaftlichen Leben herausgestellt! Also!! Die deutsche Sängerschaft, der Einzelne und die Einzelnen, dürfen dem Gebot der Stunde nicht verschlossen bleiben.«  (Schmidt, 381)

Als weiterer Rückschritt mußte von den Mitgliedern des DSB die Abschaffung des noch 1925 beschlossenen Mitspracherechts der Sängerkreise als im Gesamtausschuß kleinste Institution, welche Einfluß auf die Besetzung des Vorstandes hatte, empfunden werden. Stattdessen konnte ab 1934 der vom Sängertag gewählte sog. ›Bundesführer‹ den Führerrat und einzelne Ausschüsse eigenmächtig berufen. Den Mitgliedern im DSB war ein Mitspracherecht ausschließlich über die einzelnen Sängergaue möglich, deren Vorsitzende von der NSDAP eingesetzt wurden (vgl. Prieberg, 198). So konnten die Sänger ab 1933 nur noch mit der Wahl des Sängergauführers auf die Geschicke des Bundes einwirken.

Die bisherigen Sängerkreise bekamen ab 1933 eine neue Bedeutung. Sie stellten nach den Sängergauen die nächstkleinere Einheit von Zusammenschlüssen dar, in denen wiederum die einzelnen Sängervereine einer Region zusammengefasst wurden (vgl. Neugliederung, 1). Das Mitspracherecht über den Gesamtausschuß, welches in der Satzung von 1925 den Sängerkreisen zugestanden wurde, hatten diese somit verloren. Auch Gesamt- und Hauptausschuß wurden nicht mehr von den einzelnen Sängerbünden und damit von den Sängerkreisen gewählt, sondern konnten vom Vorsitzenden, also dem ›Bundesführer‹ alleine bestimmt werden. Diese Ausrichtung nach dem Führerprinzip setzte sich bis in die einzelnen Chöre fort: »In allen Chören des deutschen Sängerbundes [...] muß bis zum 1. November anstatt der bisherigen Verwaltungsform eines demokratisch-abstimmenden Vorstandes nunmehr das im öffentlichen Leben dominierende Führerprinzip eingeführt werden.« (Führerprinzip, 1) Jede aufkommende Gegenwehr wurde sofort im Keim erstickt. Die Führung des DSB räumte die Existenz dieser Konflikte ein, doch man »beachte mit gutem Willen Adolf Hitlers Mahnung:


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