- 195 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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(z.B. die Enttäuschung über die jungen Demokratiebestrebungen oder die desolate wirtschaftliche Lage) widerspiegeln. Ebenso stellte Hammerschmidt in den Geleitworten zum 23. Jahrgang (1931) den DSB in den Dienst des deutschen Nationalismus: »Wir Sänger lieben unser Vaterland und Deutschtum auf dem ganzen Erdenrund mit heißem Herzen. Deshalb werden wir nicht müde, ihm mit unseren Kräften zu nützen.« (Hammerschmidt, Geleit 1931, 1)

Aufgrund der nationalen Grundeinstellung und den nach der Machtergreifung folgenden Devotionsbekundungen des DSB hätte man annehmen können, daß sich die Gleichschaltung des DSB problemlos vollziehen ließ. Doch durch interne Auseinandersetzungen der Machthaber wurde die Ausrichtung des DSB zumindest am Anfang gehemmt.

Die Gleichschaltung des DSB erschien zunächst auch unproblematisch. Die einzelnen politischen Etappen der Machtergreifung, wie u.a. die Auflösung des Reichstages, die Reichstagswahl und die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes durch die Nazis wurden von den Führungsriegen des DSB grundsätzlich begrüßt. Der Nachfolger des Vorsitzenden Karl Hammerschmidt, Georg Brauner, schrieb im Vorwort zur April-Ausgabe der Deutschen Sängerbundeszeitung:

»Die Ereignisse vom 30. Januar, vom 5. und 21.– 23. März 1933 sind dem Deutschen Sängerbund Tage der Erfüllung langen heißen Sehnens geworden. Er hat in Wort und Lied stets und stark im Dienste überparteilicher deutsch-bewußter Sammlung gestanden und die vierzehn Jahre der nationalen Niederung traditionsgetreu überbrückt.[...]« (Brauner, Deutsches Reich, 217)

Gleichzeitig hebt Brauner zum Schlag gegen die Konkurrenz an, indem er gegen den ebenfalls aktiven Arbeiter-Sängerbund ganz im Sinne der neuen Ideologie propagiert:

»Im erhebenden Bewußtsein seiner vaterländischen Sendung hat der Deutsche Sängerbund zu den Verunglimpfungen, die ihm wegen seiner Einstellung all die Jahre hindurch von undeutschen Kreisen, insbesondere vom Arbeiter-Sängerbund, dem bevorzugten Bannträger der November-Kultur, zugedacht wurden, unberührt geschwiegen.« (Ebd.)

Auf die Entwicklung des bereits erwähnten Deutschen Arbeiter-Sängerbundes (DAS) kann hier nur kurz eingegangen werden. Der 1908 gegründete DAS als übergeordneter Verband, welcher zwischen den Weltkriegen bis zu 200.000 Mitglieder zählte (vgl. Weißbach, 9), war aufgrund seiner traditionell politisch links orientierten Grundhaltung den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge gewesen. Unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtergreifung sah er sich einer Vielzahl von Intrigen und Schikanen ausgesetzt und


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