- 192 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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[...] aus der Reichsmusikkammer ausgeschlossen werden und verlieren damit die Möglichkeit zu weiterer Betätigung.« (Ebd.) Somit konnte sich kein aktives Ensemble dem Einfluß der Nationalsozialisten entziehen.

2 Die Politisierung des Chorwesens am Beispiel des Männergesangs

Die sicherlich größte Bedeutung wurde innerhalb der Reichsfachschaft für Chorwesen und Volksmusik dem Männerchorwesen, inbesondere dem DSB, beigemessen. Schon vor der Machtergreifung gab es Bestrebungen, den Männergesang grundlegend zu verändern. Gleich einer »Singenden Mannschaft« (Götsch, 1) sollten sich die Mitglieder der Gesangsvereine in den Dienst des aufstrebenden Nationalsozialismus stellen. Dabei lag das Hauptaugenmerk auf der Vernetzung des Männergesangs mit realen, politischen Zielen:

»Der Deutsche soll sich nicht vor den harten Entscheidungen der Politik in das weiche Niemandsland der Musik flüchten [...]. Heute setzt der führende deutsche Staatsmann die Kunst wieder als politische Lebensmacht des Volkes ein. [...]. Er fordert letztlich eine neue Politisierung der Musik.« (Ebd., 8)

Dieser Einsatz im Dienste der Partei bedeutete für die neuen Machthaber, Musik »dem Gemeinwesen, dem Staate dienstbar machen, auf das Ganze des großen Volksleben ausrichten, jede unfruchtbare Isolierung aufgeben, [...], sie wieder in innigste Verbindung mit dem Leben der Nation bringen. Politischer Musiker sein heißt dann: nicht in Klängen leben, sondern das Leben klingen machen.« (Ebd., 9)

Ausgangspunkt der Bestrebungen seitens der Nationalsozialisten war die Kritik am damaligen gesellschaftlichen Eskapismus des Männergesangs. Die Ursache dieses Zustandes sahen die neuen Machthaber hauptsächlich in der politischen Entwicklung des Landes. Dabei wurde bei der höchst suspekten Argumentation nicht den Männerchören die Schuld für ihre angebliche Rückschrittlichkeit gegeben, sondern der gesellschaftlichen Regression:

»Staat, Kirche und geselliges Volksleben wurden menschenleer und verfielen, während das Chorleben blühte und sein musikalisches Paradies als Ersatzheimat für die ausgewanderte Männergesellschaft errichtete.«  (Ebd., 17)

Dieser Zurückgezogenheit sollte ein Ende gesetzt werden, konnten doch die Chöre in diesem Zustand nicht für den Dienst in der Partei eingesetzt werden. Um die scheinbare Rückbesinnung auf völkische und nationale Aufgaben umzusetzen, wurde die hierfür nötige Kanalisierung der Männerchöre


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