- 190 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Mitglied ganz im Sinne der ideologisierten ›Volksgemeinschaft‹ hinter seinen Verband zurück. Diese Denkweise wurde auch auf den Mitgliedsstatus innerhalb der RMK transferiert, da die Mitglieder von Laienchören nicht einzeln, sondern nur in ihrem jeweiligen Verband organisiert waren.

Durch die Beeinflußung und Lenkung aller kulturellen Aktivitäten, also auch der Laienensembles, konnte die Umerziehung am rationellsten begonnen werden. Da sich nach Meinung der neuen Machthaber besonders Gesang als natürlichste Form der musikalischen Äußerung für die Übermittlung von nationalsozialistischen Intentionen eignete, wurde die Einbeziehung der verschiedenen Gesangsgruppen in die RMK schnell vorangetrieben. Dies führte innerhalb der NSDAP zu harten Auseinandersetzungen, auf die später noch näher eingegangen wird.

Die hohe Mitgliederzahl der großen Chorverbände war ein weiterer Grund für das starke Interesse der neuen Machthaber. Die große Masse der Laienchöre konnte als wichtiges Propaganda- und Lenkungsinstrument genutzt werden (nach der Gleichschaltung zählte alleine der Deutsche Sängerbund über 800.000 Mitglieder). Die Einbeziehung der unprofessionellen Ensembles in die RMK war somit nur eine logische Konsequenz der von den Nazis verfolgten totalen Kontrolle. Ihlert formuliert die Aufgabe der Laienmusiker für die Neuorientierung der deutschen Musikkultur folgendermaßen:

»Ihre Vermittlerrolle zwischen der Berufsmusikerschaft und den weitesten Volksschichten muß besonders anerkannt werden, hat doch die Laienmusikerschaft mit dem deutschen Lied eine Aufgabe zu erfüllen, die bei der Neugestaltung des deutschen Musiklebens mit an erster Stelle zu nennen ist.«  (Ebd., 9)

Die Bedeutung der Laienensembles wurde also bei der Verwirklichung des Ziels, mit Hilfe des Liedes »das wahre Wesen der Musik in die Herzen des deutschen Volkes zu pflanzen« (Ihlert, 12), den Berufsmusikern in ihrer Bedeutung angenähert. Dabei suggerierte man mit diffusen Erklärungen den Laiensängern, daß sie die Verkünder einer gewollten Idee seien, die in jedem Sänger längst vorhanden wäre:

»Das deutsche Volk singt wieder, denn das gesungene Herz geht noch rascher zu Herzen als das gesprochene, besonders dann, wenn es uns Gedanken, Dinge und Wünsche näherbringt, die schon mit unserer Seele verbunden sind. Auf diesem Gebiete hat die Laienmusikerschaft (Chorwesen und Volksmusik) dieselben Aufgaben zu erfüllen wie die Berufsmusikerschaft; das Ziel ist das gleiche, wenn auch die Mittel verschieden sind.« (Ebd., 12)

Nach Fritz Stein, dem Leiter der Reichsfachschaft für Chorwesen und Volksmusik, sollte durch die Gleichschaltung »an die Stelle der früheren liberalistischen


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