- 189 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Helmke Jan Keden

Kulturfassade und irrationale Ästhetik.
Die Gleichschaltung des Chorwesens im
Nationalsozialismus

1 Die Reichsfachschaft für Chorwesen und Volksmusik in der Reichsmusikkammer

Mit der Gründung der Reichsmusikkammer (RMK) im Herbst 1933 innerhalb der Reichskulturkammer wurde das gesamte Musikwesen durch Gleichschaltung in den Dienst der Nationalsozialisten gestellt. Neben der Einrichtung weiterer Reichskammern für Schrifttum, Film, Bildende Künste, Presse, Theater und Rundfunk, mit denen sich die einzelnen kulturellen Bereiche wesentlich effektiver koordinieren ließen, räumten die neuen Machthaber der Musik einen gleichwertigen Platz für die Realisierung ihrer Ziele ein. Getarnt wurde diese Vereinnahmung als »liebevolle, fürsorgliche Betreuung und Pflege des gesamten deutschen Musiklebens im Rahmen der kulturpolitischen Ziele der nationalsozialistischen Reichsregierung.« (Ihlert, 6)

Die RMK teilte sich in die verschiedenen Reichsfachschaften Komponisten, Reichsmusikerschaft, Konzertwesen, Chorwesen und Volksmusik , Deutscher Musikalien-Verleger-Verein , Reichsverband der deutschen Musikalienhändler und die Arbeitsgemeinschaft Reichsmusikkammer – Musikinstrumentengewerbe auf. Der Reichsfachschaft für Chorwesen und Volksmusik bzw. den ihr angehörenden Verbänden wurde eine besondere Bedeutung zugebilligt. So räumte Heinz Ihlert, Geschäftsführer der RMK, dem Chorgesang innerhalb der Laienmusik die vorherrschende Rolle ein:

»Die Reichsmusikkammer [...] betreut zugleich das Gesamtgebiet der Laienmusikpflege, vor allem das Chorwesen und die Volksmusikbewegung. Hier handelt es sich nicht um die Erfassung des einzelnen, sondern um die Vereinigungen, denen der einzelne angehört, um sich aus Liebhaberei musikalisch zu betätigen.«  (Ebd., 9)

Diese oben beschriebene potentielle, bisher angeblich unpolitische ›Liebhaberei‹ sollte in rechte Bahnen gelenkt werden. Für diese nationalsozialistische Indienstnahme mußten jedoch vorerst die hierzu passenden organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden. So trat z.B. das einzeln musizierende


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