- 174 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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natürlichen Aktanten, wie er schon in den Befreiungskriegen von Eichendorff und Kleist dichterisch gestaltet wurde. Der Wald steht in seiner Widerständigkeit als Garant für die Unbesiegbarkeit der Nation.« (Dörner, 179 f.)

Die von Raff thematisierte Jagd kann durchaus als spezifisch deutsch verstanden werden, weil deren Voraussetzung, die Existenz ausgedehnter Waldgebiete, mit Deutschland verbunden wird. Auch hier ist de Staëls Deutschland-Buch zu erwähnen, das sicher nicht zufällig mit einem Hinweis auf den deutschen Waldreichtum beginnt. Dieser konnte wiederum in Deutschland als differentia specifica gegenüber anderen Ländern, insbesondere Frankreich, aufgefaßt werden, zumal dort tatsächlich Rodungsaktionen großen Ausmaßes vorgenommen worden waren. Heinrich Laubes Jagdbrevier bündelt diese Zusammenhänge, wofür folgender Text beispielhaft steht, der übrigens von Robert Schumann in den Jagdliedern [...] für vierstimmigen Männerchor mit Begleitung von vier Hörnern ad libitum. Opus 137 vertont wurde und aus dem hier auszugsweise zitiert wird.

  1. Wo giebt es wohl noch Jägerei,//als wie im deutschen Land!//Der Franzos’ hat sein Land überlichtet,//nichts schonend die Jagd sich vernichtet://schiesst singende Vögel der Fant.
  2. Die ernste strenge Jägerei,//die kennen wir allein://in Wald und Feld zu leben,//vertieft in Ursprungs Weben,//ist deutsches Jagdgedeih’n.
  3. So trinkt darauf ein volles Glas://es lebe deutsche Jagd [...]
  4. Sie übt die Seele, übt die Hand,//nährt Frische, Kraft und Muth.//Wenn’s gilt das Reich zu wahren,//wir sind in Waffen wohl erfahren.//Hoch deutsches Jägerblut.

Bemerkenswert ist der Umschlag von ›Jagd‹ in ›Krieg‹ in der abschließenden fünften Strophe. Auf den Zusammenhang von Wald und Heer weist Elias Canetti hin:

»Ein [...] wichtiger Aspekt des Waldes ist seine vielfache Unverrückbarkeit. Jeder einzelne Stamm ist festgewurzelt und gibt keiner Drohung von außen nach. Sein Widerstand ist absolut, er weicht nicht von der Stelle. Er kann gefällt, aber nicht verrückt werden. So ist er zum Symbol des Heeres geworden: ein Heer in Aufstellung, ein Heer, das unter keinen Umständen flieht; das sich bis zum letzten Mann in Stücke hauen läßt, bevor es einen Fußbreit Boden aufgibt.«


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