- 139 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Titel nicht (wie es nahe liegen würde) mit »Das Erhabene ist jetzt«, sondern er verschiebt diesen Akzent, indem er sagt: »Nun (jetzt), das ist das Erhabene« (154). Unter expliziter Berufung auf Heidegger stellt er fest: »Dass hier und jetzt dies Bild ist, und nicht vielmehr nichts, das ist das Erhabene« (Ebd.). Das Bild ist ein »Vorkommnis«, ist »Ereignis«, ein Zeichen dafür, »dass es geschieht«. Was aber geschieht? Die Künstler versuchen, so Lyotard, immer wieder »Kombinationen«, die das »Ereignis ermöglichen«. Der Betrachter »empfindet kein einfaches Vergnügen, er zieht keinen ethischen Gewinn aus seinem Umgang mit den Werken, er erwartet von ihnen eine Intensivierung seines Gefühls- und Begriffsvermögens, einen zwiespältigen Genuß. Das Werk ... versucht darzustellen, dass es ein Nicht-Darstellbares gibt.« (160. H.v.m.)

Was jedoch versteht Lyotard unter dem »Nicht-Darstellbaren«, aber »Denkbaren«? Mit Bezug auf Kant spricht er vom »Absoluten« als dem »Gegenstand einer Idee«; so z.B. seien dies »das Universum«, »die Menschheit«, »das Ende der Geschichte«, »der Augenblick«, »der Raum« und »das Gute«. Darstellen könne man aber, dass es Absolutes gebe, allerdings nur auf »negative Weise«. In der Notwendigkeit eben das zu tun, liegt für Lyotard der Ursprung der »abstrakten« Malerei seit 1912. Es ist nicht mehr das Gefühl des »Schöne(n)«, sondern das des »Erhabene(n)«, »das jene Werke erwecken«, als eine »Mischung von Lust und Unlust«.22

22 Vgl. Lyotard: Vorstellung, Darstellung, Undarstellbarkeit In: Das Inhumane. 218f.
An anderer Stelle nennt er das »Formlose, die Abwesenheit von Form als möglichen Index des Nicht-Darstellbaren«.23
23 Vgl. Lyotard: Beantwortung der Frage: Was ist postmodern? Nachweise im folgenden mit bloßer Seitenzahl im Text.
Dementsprechend würde die Malerei nur etwas darstellen unter Vermeidung alles »Figurative(n) und Abbildliche(n), sie wäre weiß wie ein Quadrat von Malevitsch, sie würde nur sichtbar machen, indem sie zu sehen verbietet, sie würde nur Lust bereiten, indem sie schmerzt« (200). Lyotards Überlegungen gipfeln in dem paradox anmutenden Satz: »Ein Werk ist nur modern, wenn es zuvor postmodern war.« In diesem Sinne bedeutet »der Postmodernismus nicht das Ende des Modernismus, sondern dessen Geburt, dessen permanente Geburt« (201).

Lyotard unterscheidet demnach zwei Reaktionsweisen auf seine These, »dass die Moderne sich im Zurückweichen des Realen und als das erhabene Verhältnis von Darstellbarem und Denkbarem entfaltet«. Zum einen kann der Akzent »auf die Ohnmacht des Darstellungsvermögens gelegt werden, auf die Sehnsucht nach einer Anwesenheit, die das menschliche Subjekt empfindet«. Die Anwesenheit wessen mag hier gemeint sein? Zum anderen kann


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