Titel nicht (wie es nahe liegen würde)
mit »Das Erhabene ist jetzt«, sondern er verschiebt diesen Akzent,
indem er sagt: »Nun (jetzt), das ist das Erhabene« (154).
Unter expliziter Berufung auf Heidegger stellt er fest: »Dass hier
und jetzt dies Bild ist, und nicht vielmehr nichts, das ist das Erhabene« (Ebd.).
Das Bild ist ein »Vorkommnis«, ist »Ereignis«, ein
Zeichen dafür, »dass es geschieht«. Was aber geschieht?
Die Künstler versuchen, so Lyotard, immer wieder »Kombinationen«,
die das »Ereignis ermöglichen«. Der Betrachter »empfindet
kein einfaches Vergnügen, er zieht keinen ethischen Gewinn aus seinem
Umgang mit den Werken, er erwartet von ihnen eine Intensivierung seines Gefühls-
und Begriffsvermögens, einen zwiespältigen Genuß. Das Werk
... versucht darzustellen, dass es ein Nicht-Darstellbares
gibt.« (160. H.v.m.)
Was jedoch versteht Lyotard unter dem »Nicht-Darstellbaren«,
aber »Denkbaren«? Mit Bezug auf Kant spricht er vom »Absoluten«
als dem »Gegenstand einer Idee«; so z.B. seien dies »das
Universum«, »die Menschheit«, »das Ende der Geschichte«,
»der Augenblick«, »der Raum« und »das Gute«.
Darstellen könne man aber, dass es Absolutes gebe, allerdings nur auf
»negative Weise«. In der Notwendigkeit eben das zu tun, liegt
für Lyotard der Ursprung der »abstrakten« Malerei seit 1912.
Es ist nicht mehr das Gefühl des »Schöne(n)«, sondern
das des »Erhabene(n)«, »das jene Werke erwecken«,
als eine »Mischung von Lust und Unlust«.22
22
Vgl. Lyotard: Vorstellung, Darstellung,
Undarstellbarkeit In: Das Inhumane.
218f. |
An anderer Stelle nennt er das »Formlose, die Abwesenheit von Form
als möglichen Index des Nicht-Darstellbaren«.23
23
Vgl. Lyotard: Beantwortung der Frage: Was
ist postmodern? Nachweise im folgenden mit bloßer Seitenzahl
im Text. |
Dementsprechend würde die Malerei nur etwas darstellen unter Vermeidung
alles »Figurative(n) und Abbildliche(n), sie wäre weiß wie
ein Quadrat von Malevitsch, sie würde nur sichtbar machen, indem sie
zu sehen verbietet, sie würde nur Lust bereiten, indem sie schmerzt« (200).
Lyotards Überlegungen gipfeln in dem paradox anmutenden Satz: »Ein
Werk ist nur modern, wenn es zuvor postmodern war.« In diesem Sinne
bedeutet »der Postmodernismus nicht das Ende des Modernismus, sondern
dessen Geburt, dessen permanente Geburt« (201).
Lyotard unterscheidet demnach zwei Reaktionsweisen auf seine These, »dass
die Moderne sich im Zurückweichen des Realen und als das erhabene Verhältnis
von Darstellbarem und Denkbarem entfaltet«. Zum einen kann der Akzent
»auf die Ohnmacht des Darstellungsvermögens gelegt werden, auf
die Sehnsucht nach einer Anwesenheit, die das menschliche Subjekt empfindet«.
Die Anwesenheit wessen mag hier gemeint sein? Zum anderen kann
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