diese »Figur«, da sie selbst als »Gestalt
der Erkenntnis« – paradox – nur »begriffslose« Kunst ist,
um ihres Wahrheitsgehalts willen der zweiten Reflexion. Denn wie, so wäre
zu fragen, ist das unerkennbare Transzendente zu deuten, das in den fragmentarischen
Werken aufscheint? Als Möglichkeit einer innerweltlichen Versöhnung
durch Veränderung der Gesellschaft? Als jenseitige Versöhnung,
wie immer diese auch zu denken sei? Als etwas, das die Lebensnot dem Menschen
zu wünschen und zu denken aufgibt und das doch – agnostizistisch – nie
eine sichere Antwort finden kann? Alle Fragen implizieren die moralische
Aufforderung zur Veränderung der Praxis, zur »Rettung« des
verlorenen Subjekts; in der »Chiffre des Leidens« (Kurt
Oppens) ruft die »neue Musik« dazu auf.
Lyotards Denken über die Kunst entwickelt sich in der Auseinandersetzung
mit der Malerei der Moderne, insbesondere mit der Malerei des abstrakten amerikanischen
Expressionismus; sie findet in einer Reihe von Essays ihren Niederschlag.
15
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Siehe dazu die Literaturhinweise von Walter Reese-Schäfer in:
Lyotard zur Einführung. 163ff.
– Eine Vorform meiner Ausführungen findet sich in Sziborsky:
Rettung des Hoffnungslosen. 67–74. |
Folgende Grundzüge kennzeichnen für ihn die moderne Malerei: Dekomposition,
Reflexion, das Erhabene, Experiment und Pluralität.16
16
Die Kategorisierung folgt Wolfgang Welsch in:
Die Geburt der postmodernen Philosophie
aus dem Geist der modernen Kunst. In: Philosophisches
Jahrbuch. 97 (1990). 19–24. |
Die Dekomposition zeigt sich in der Auflösung des verbindlichen »integralen
Kunstbegriffs«, derzufolge die Malerei nur noch isolierte Elemente
und Strukturen repräsentiert.17
17
Vgl. Lyotard: Essays zu einer affirmativen
Ästhetik. 51. |
Ähnliches gilt für die Reflexion, in der Lyotard das entscheidende
Kriterium für die Veränderungen in der Kunst sieht: Moderne Kunst
hat erkannt, dass die Wirklichkeit in einem solchen Maße destabilisiert
ist, dass sie zwar Stoff für »Erkundung und Experiment«
bereitstellt, aber nicht mehr für »Erfahrung«.18
18
Vgl. Lyotard: Beantwortung der Frage: Was
ist postmodern? 195. |
Durch diesen Verlust an Wirklichkeit werden die Avantgarden zur Reflexion
auf alle bisher für sie geltenden Verbindlichkeiten gezwungen.19
19
Vgl. Lyotard mit anderen: Immaterialität
und Postmoderne. 38. |
Während die Kategorien Dekomposition und Reflexion eine geschichtliche
Entwicklung beschreiben, führt der Begriff des Erhabenen, den Lyotard
nach eigenen Aussagen von Kant her gewinnt20
20
Vgl. Das Undarstellbare – wider das Vergessen
. Ein Gespräch zwischen Jean-Francois Lyotard und Christine Pries.
In: Das Erhabene. 320f., 328ff., 346f.
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zum theoretischen Kern seiner Ästhetik. Dazu angeregt wurde er durch
Texte von Barnett Newman, vor allem durch dessen Essay
The Sublime is now.21
21
Vgl. ebd. 322; ferner bes. Lyotard: Das
Erhabene und die Avantgarde. In: Merkur
. 38 (1984), 151–164. Nachweise im folgenden mit bloßer Seitenzahl
im Text. |
Lyotard übersetzt diesen
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