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Welch ein Paradox! Aber gerade dieses provoziert erneut die philosophische
Interpretation – die zweite Reflexion. Der späten Fassung des »Rätsels«
in der Ästhetischen Theorie sei die frühe Version gegenübergestellt,
die Adorno in seiner Antrittsvorlesung einführt. Dient sie hier der
Illustration des Programms »materialistischer Erkenntnis«, das
sie ästhetisch variiert, indem sie die zentralen Kategorien »Konstellation«
und »Konstruktion« mit der Lösungsmöglichkeit eines
Rätsels verknüpft, so gewinnt dort der Begriff des Rätsels
eine metaphysische Dimension hinzu. Wurde in dem frühen Text der »Rätselcharakter«
den »analytisch isolierten Elementen« der Wirklichkeit zugeordnet,
die als wissenschaftliche Befunde den Status des »Unauflöslichen«
und »in sich Ruhenden« haben, während sie der philosophischen
Deutung allererst als zu enträtselnde »Zeichen« erscheinen,
so spricht der späte Text zusätzlich von der Rätselhaftigkeit
der Kunstwerke:
»In oberster Instanz sind die Kunstwerke rätselhaft nicht ihrer Komposition sondern ihrem Wahrheitsgehalt nach. Die Frage, mit der ein jegliches den aus sich entläßt, der es durchschritt – die: Was soll das alles?, rastlos wiederkehrend, geht über in die: Ist es denn wahr?, die nach dem Absoluten, auf die jedes Kunstwerk dadurch reagiert, dass es der Form der diskursiven Antwort sich entschlägt. ... Für ihr Rätsel fehlt der Schlüssel ... Die äußerste Gestalt, in welcher der Rätselcharakter gedacht werden kann, ist, ob Sinn selbst sei oder nicht.« 13 Wenn der frühe Text noch die Annahme nahelegt, dass die rätselhaften Elemente der Wirklichkeit augenblickshaft zu »erhellen« und »aufzulösen« seien, dann scheint in dem späten Text die philosophische Interpretation zu verstummen vor der metaphysischen Frage, die Kunstwerke »oberster Dignität« dem Deutenden aufgeben. Dennoch bleibt die Forderung nach »philosophischer Reflexion« des Wahrheitsgehalts bestehen: Da kein Kunstwerk »in rationalistischen Bestimmungen« aufgeht, »wendet gleichwohl ein jegliches durch die Bedürftigkeit seines Rätselcharakters sich an deutende Vernunft«. Die Durchführung der »Konstruktion des Ästhetischen« 14 in der Philosophie der neuen Musik als einer »Stellung des Gedankens zur Objektivität« hat im Sinne des früheren Programms »materialistischer Erkenntnis« als philosophische Deutung zu gelten: Sie bringt ihre Gegenstände in eine Konstellation von Wahrheit, deren »Figur« bereits eine Antwort auf die Frage an die widerspruchsvolle gesellschaftliche Wirklichkeit ist. Jedoch bedarf |