Giuseppe Verdis Opern arbeiten immer mit moralischen Kategorien und immer mit gesellschaftlichen Implikationen, die als Modelle in unsere unmittelbare Gegenwart übertragen werden können. Er thematisiert auch den Selbstmord als selbstprovozierten Mord in der Stellvertretung einer politischen und sozial heiklen Situation. Ich meine den Tod des Posa aus Don Carlos. Die Oper beginnt mit einer Todesmusik – kein Marsch, wie oft in der Musikgeschichte –, durch den Wechsel von Tonika und Mediante konstruiert, der die absolute Nähe des Schrittes vom Leben zum Tod symbolisiert. Gleichzeitig stellt er die größte Entfernung der antipodischen Geschlechter von Dur und Moll dar (Notenbeispiel 4).
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Rezitativisch wird der Inhalt vorgestellt und ein Resümee gezogen. In einer kurzen Arie wird die Rechtfertigung des Tuns musikalisch signalisiert. Auch Tröstung und vor allem Animation zu politischem Handeln können assoziiert werden. Und als Carlos auf dies nicht zu reagieren vermag, muß sich Posa noch deutlicher artikulieren und in einer Art von Beschreibung nicht elaborierter Codes ihm sein Tun Stück für Stück musikalisch erklären: die verdächtigen Briefe, die man bei ihm fand, die Urteilsverkündung sogar. Und als dies immer noch nichts nützt, greift er zur Animation des gesungenen