- 12 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Die junge Musikerin und Lehramtsstudentin Brunhilde Sonntag beeindrucken nicht seine Schuloper Wir bauen eine Stadt (1930) oder Carl Orffs Schulwerk, sondern Hindemiths Cardillac und Mathis der Maler. Hindemith bildet im Verlaufe der fünfziger Jahre eine restaurative und antimoderne Haltung aus. Sie bleibt jedoch letztlich auch musikpädagogisch ohne Folgen. Politische Bedenken wegen der Rolle Carl Orffs im Naziregime spielen während der frühen sechziger Jahre keine Rolle. Eher empfindet sie das von offizieller Seite propagierte Orff-Schulwerk als Einschränkung eigener pädagogischer Ziele und Möglichkeiten.

Neben dem Schuldienst im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase an der Friedrich-Ebert-Schule in Frankfurt besucht Brunhilde Sonntag privat Kompositionsunterricht bei Prof. Kurt Hessenberg. Er bereitet sie auf das Kompositionsstudium an der Musikhochschule Wien vor. Den Schulalltag erlebt sie als belastend. Möglichkeiten zur Verwirklichung ihrer pädagogischen Ideen sind selten. Erfolge in der Arbeit mit den Schülern werden von ständigen zermürbenden Auseinandersetzungen mit vorgesetzten Stellen und Schulräten überschattet.

Der Beginn des Studiums in Wien befreit sie 1963 von dieser Last. Nachhaltige Eindrücke hinterlassen die Begegnungen mit Studierenden aus verschiedenen Ländern sowie Opern-, Konzert- und Theaterbesuche. Doch zeigen sich auch in Wien Widerstände. Ihr erster Kompositionslehrer Otto Siegl entspricht als konservativ geprägter Neoromantiker ihren bisherigen musikalischen Erfahrungen. Von ihnen löst sie sich zunehmend. Eine Zwölftonreihe zu entwerfen ist den Studierenden noch 1960 verboten. Selbst für die späten sechziger Jahre wird Vergleichbares von der Musikhochschule in Köln berichtet. Dort verbietet die Schulmusikabteilung den Studierenden, Komposition bei Bernd Alois Zimmermann zu belegen. Der Widerstand gegen die zeitgenössische Musik ist bis in die siebziger Jahre hinein ungebrochen.

1963 wird Gottfried von Einem auf Anregung seines Lehrers Boris Blacher als Kompositionslehrer an die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien berufen. Auf seinen Unterricht gehen während ihres Wiener Studiums entscheidende Einflüsse auf Brunhilde Sonntag zurück. Von Einems Ziel ist die schöpferische Entfaltung der Persönlichkeit seiner Schüler. Im selben Jahr wie Bernd Alois Zimmermann (1918) geboren, steht er wie dieser zwischen den Generationen der vor und nach dem zweiten Weltkrieg Komponierenden. Weder der Wiener Schule noch der neuen ›Sachlichkeit‹ Paul Hindemiths oder dem Kreis der Kranichsteiner ›Neutöner‹ nahestehend, entwickelt er einen eigenen traditionsbewußten und persönlich unverwechselbaren Kompositionsstil. Als Brunhilde Sonntag ihr Studium in Wien aufnimmt, gilt er als erfolgreicher Komponist durch die Opern Dantons Tod (Salzburg 1947) und Der Prozeß (Salzburg 1953), durch Orchesterwerke


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