- 131 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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In der Oper Die Soldaten markiert das Ende des Gedichts den Höhepunkt des Steptanzes der drei Fähnriche. Da sie von den Offizieren an den Tischen auf dem Schlaggeschirr rhythmisch begleitet werden, tanzen sie nun synchron. "Alles springt auf der Empore auf und stürzt die Treppen herunter und umringt die tanzenden Fähnriche: große Begeisterung" (Partitur 207). Der Tanz der Andalusierin beginnt. Aus dem Orchester erklingt das Jazzschlagzeug. Auf der Szene erscheinen ebenso plötzlich wie die Andalusierin Jazzmusiker mit Kontrabaß, Gitarre, Klarinette und Trompete. Die Musiker spielen in der im Jazz üblichen gleichförmigen Dynamik "Variations sentimentales" im raschen Tempo (Halbe=96). Ab Buchstaben Aa steigert sich das Tempo "Piu mosso" (Halbe =112). Das übrige Orchester beteiligt sich an der Tanzmusik. Die Musik auf der Szene bricht ab. Die Musiker, die ihre Instrumente aus der Hand legen, scharen sich um die Andalusierin und entziehen sie allmählich den Blicken der Zuschauer (Partitur 216). Kanonisch einsetzend nehmen die drei Fähnriche den Steptanz wieder auf. Vom Rhythmusorchester der Bühnenmusik und vom Rhythmus des Schlaggeschirrs der Offiziere begleitet, finden sie zu einem weitgehend gleichbleibenden monoton stampfenden Rhythmus. Die Andalusierin wird von stampfenden Offizieren umringt. Als der Obrist, Eisenhardt und Haudy auftreten, bricht der Tanz ab. Abwesend und vergessen hockt die Tänzerin auf der Erde. Da niemand sich um sie kümmert, stiehlt sie sich schließlich fort (Partitur 219-220).

     Im Marotanz, der durch die ethnologischen Untersuchungen der Frobenius-Expedition auf die Molukkeninsel Ceram bekannt ist, umringt eine rhythmisch stampfende Umgebung eine Frauengestalt in bedrohlicher Absicht. Der Exotik des Marotanzes entspricht die Person der Andalusierin sowie der unterschwellig aggressive Sinnlichkeit und Erotik ausdrückende "Cooljazz", den Zimmermann als Tanzmusik verwendet.

     Stolzius tritt ein. Mit ihm treiben die Soldaten ihr makabres Spiel. Aus Angst und Verzweiflung wankend verläßt er das Kaffeehaus. Im nachfolgenden Intermezzo bietet Zimmermann alle kompositorischen Mittel zur Darstellung des Grauens, der Verzweiflung und der Angst auf. Im dreifachen Forte spielen Hörner, Trompeten, Posaunen und Tuba Angstsignale, gefolgt von der Bühnenmusik, die mit hängenden Becken, Gongs und Pauken dreifach besetzt ist. Im Orchester treten Xylophon, Vibraphon und Marimbaphon hinzu. Das makabre und funebrale Klangbild wird vom Xylophon verstärkt. Klavier und Orgel übernehmen Begleitfunktion, bis die Orgel, von Glocken und verklingenden Gongschlägen begleitet, ein fünftaktiges Solo nach Art eines Choralvorspiels vorträgt (Partitur 241).


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