- 130 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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polyphoner, rhythmischer Zerstückelung des Textes Angst und Aggression zugleich zum Ausdruck bringend, fallen Mary und die übrigen Offiziere an den Tischen in den Gesang ein. Zimmermann verwendet ein Gedicht von Jakob Michael Reinhold Lenz:


Lied zum Teutschen Tanz


O Angst! tausendfach Leben

O Mut! den Busen geschwellt

Zu taumeln zu wirbeln zu schweben

Als ging' s so fort aus der Welt

Kürzer die Brust

Atmet die Lust

Alles verschwunden

Was uns gebunden

Frei wie der Wind

Götter wir sind.

(Lenz, Werke und Briefe 3, 191)


Vermutlich entsteht das Gedicht um 1776 in Weimar in Goethes Nähe. Unter dem Einfluß Wielands schreibt Lenz in dieser Zeit "teutsch" anstelle von "deutsch". Der Titel des Gedichts bezeichnet den Walzer, der auch von Goethe als "Deutscher" bezeichnet wird. In einem Brief an Johann Daniel Salzmann vom 23. Oktober 1776 schreibt Lenz:


Wäre es nicht möglich, daß ich durch Ihre Vermittlung einige der neuesten Allemanden in Straßburg abgeschrieben herbekommen könnte. Was Sie dafür auslegen, will ich wieder erstatten. Die von Edelmann * würde Ihnen hier ein ewiges Denkmal setzen.

(Lenz, Werke und Briefe 3, 505).


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* Johann Friedrich Edelmann, 1749 in Straßburg geboren, wird 1794 in Paris hingerichtet. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Straßburg widmet er sich ganz der Musik. Um 1773 macht Edelmann sich in Paris als Klavierspieler und Komponist einen Namen und findet auch die Anerkennung Mozarts. Bis 1786 erscheinen 15 Bände Klaviermusik mit Streicherbegleitung, die in England und Deutschland mehrfach nachgedruckt werden. Während der französischen Revolution schließt er sich den Jakobinern an und übt in Straßburg ein "wahres Schreckensregiment" aus. Nach nicht gesicherten Berichten fällt ihm selbst sein früherer Freund und Förderer Baron de Dietrich zum Opfer. "Durch Gerbers ausführliche, aber nicht absolut glaubhafte Berichte darüber ist Edelmann als ein verräterischer Terrorist gebrandmarkt geblieben, der zum Schluß unter der Guillotine seinen verdienten Lohn erhalten hat" (Reeser, Edelmann 1096-1097). Nach Sigrid Damm sind in jenem Brief von Lenz an Salzmann Kompositionen Edelmanns gemeint. Demnach müßte es an der oben zitierten Stelle des Briefes jedoch "würden" statt "würde" heißen (Vgl. Lenz, Werke und Briefe 3, 889).


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