- 132 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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Die zu Beginn des Intermezzos apokalyptische Musik differenziert sich zu einem pluralistischen, collageartigen Klanggebilde. Im zweiten Teil (Partitur 242-244) spielt die Orgel, von Signalen der tiefen Blechbläser und der Stabspiele begleitet, in "scharfer" Registratur (ungekoppelt), ein zwölftaktiges Zwischenspiel: "quasi toccata". Der dritte Teil beginnt mit einem konzertierenden Trompetenquartett im raschen Dreiachteltakt (Achtel=144), in das aus der Bühnenmusik und anschließend aus dem Orchester ein Militärmarsch mit Militärtrommel, Großer Trommel und Becken eingefügt wird. Ritornellartig kehrt das Trompetenquartett wieder (Partitur 245, 246, 247). Nach einem zwölftaktigen Tutti des Orchesters (Partitur 248-250) bleiben sehr leise Glocken, Harfe und Orgel übrig. Tonlos beschließen Luftgeräusche der gesamten Blechbläser den Satz (Beispiel S. 133). Die Überleitung zur zweiten Szene bildet ein kurzer, metrisch freier Satz, in dem Vibraphon, Glocken, Große Trommel, Harfe und geteilte Streicher (ohne Bratsche) kanonisch einsetzend eine Art Klangfächer öffnen: "Quasi senza misura, Rubato molto e misterioso (ad lib:)" ( Beispiel S. 134).

     Das beschriebene Intermezzo zwischen erster und zweiter Szene des zweiten Aktes (Partitur 238-244) kann als apokalyptische Vision auf die innere Befindlichkeit des Stolzius beim Verlassen des Kaffeehauses am Ende der ersten Szene des zweiten Aktes bezogen werden. Zu Beginn dieses Abschnittes spielen zwei Instrumentalgruppen in verschiedenen Tempi: die Bühnenmusik (bestehend aus hängenden Becken, Pauken und Gongs) sowie das Orchester  (Bläser, Glocken, Tamtam, Gong und Pauken) und die Orgel im Tempo Achtel=ca. 90, die übrigen Instrumente (Xylophon, Vibraphon und Marimbaphon) im Tempo Achtel=ca. 107. Die Differenzierung des Tempos zwischen gleichzeitig spielenden Instrumentalgruppen führt zu Überlagerungen leichter und schwerer Taktteile. Sie entsprechen der Gleichzeitigkeit verschiedener Taktarten, die bei Schönberg angstbesetzte Situationen und Erlebnisse kennzeichnen.

     Den zweiten, konzertierenden Abschnitt des Intermezzos (Partitur 244-250) bezieht Zimmermann mit Hilfe der Militärinstrumente (Trompeten, Militärtrommeln, Becken u. a.) unmittelbar auf die wettstreitenden Soldaten. Wieder kennzeichnen Tempoverschiebungen verschiedener instrumentaler Gruppen den Marsch der Bühnenmusik und die sich im Orchester anschließende Militärmusik (Partitur 244-245). Das "Concertare" beendet jener oben genannte choralartige Schlußsatz der Glocken, der Harfe und der Orgel (Partitur 250). Im Pianissimo schließt Zimmermann den zuvor weit geöffneten Klangraum. Der nachfolgende "Klangfächer" öffnet den musikalischen Innenraum für den Beginn der zweiten Szene des zweiten Aktes (Beispiel S. 134).


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